Die Skeleton Coast in Namibia
Am frühen Morgen machen wir uns auf in Richtung Skeleton Coast. Die Landschaft erwacht im Sonnenlicht. Schroffe Gebirgszüge wechseln sich ab mit braunem Steppengras. Es ist ein buntes Farbenspiel, das uns die Natur da bietet. Von grau zu braun, dann wieder zu rotbraun reicht die Farbpalette Namibias, durch die wilde Zebras und Oryx-Antilopen ziehen. Da spüre ich das Gefühl von Freiheit, von endloser Weite. Stundenlang fahren wir dahin und landen im dichten Nebel.
Das Tor zum Skeleton Coast Park ist verschlossen.
Etwa eine halbe Stunde später stehen wir vor den Toren des Namib Skeleton Coast Park. Wir würden gerne in den Park, doch die Wachstation liegt einsam und verlassen im Nebel. Wir rufen. Nichts. Kein Laut.
Wir betreten das Häuschen des Wärters. Die Tür ist offen, der Schlüssel steckt im Schloss. Das Büro ist einfach eingerichtet und beheizt. Ein Schreibtisch, ein Sessel, eine Karte an der Wand. Auf dem Schreibtisch liegt ein Kugelschreiber. Wir rufen wieder. Nichts ist zu hören. Keine Schritte, einfach Stille. Und plötzlich…
….hören wir Generatorenlärm. Irgendwo im Nebel. Und schon biegt ein kleingewachsenes Männchen um die Ecke, in Uniform, mit Brille und blauer Mütze. „Good morning, how are you? Thank you for waiting!“
Der Mann hat Humor! Ich habe mir schon Sorgen um ihn gemacht!
Schnell erledigen wir die Formalitäten: Name, Autonummer, Land, Unterschrift. Auf dem Papier steht mit blauen Druckbuchstaben: Read carefully!
Schließlich bekommen wir noch eine Ermahnung mit auf den Weg: „Drive slowly“ und dann öffnet er mit seinem Schlüssel das Tor für uns und winkt uns nach. Ich bin richtig enttäuscht. Eigentlich hätte ich mir eine Salutierung erwartet.
Der Nebel lichtet sich langsam. Wir fahren und fahren. Rechts von uns ist ein Zaun, der plötzlich endet. Im Nirgendwo. Wieder ändert sich die Landschaft und geht über in Dünenfelder. Außer zwei Lastwägen begegnet uns niemand. Links und rechts der Straße liegen kaputte Reifen, Bierflaschen und sonstiger Müll. Und als einziges Geräusch hört man das Rauschen, besser gesagt, das Dröhnen, des Atlantischen Ozeans.
Im Nichts, im Niemandsland
Wir begegnen Fischern aus Südafrika, die verzweifelt versuchen an ihrem Auto einen Autoreifen zu wechseln. Leider fehlt auch uns das passende Werkzeug. Lieber nicht nachdenken, das so etwas auch uns passieren könnten, im Nichts, im Niemandsland, hunderte Kilometer von jeder Hilfe entfernt.
Wir kommen an zwei Schiffswracks vorbei. Von einem ist nur mehr der Anker übrig und ein paar Planken liegen im Sand. Etwas später liegen die Reste eines Ölbohrturms im Sand. Zerfressen von Rost, umgeben von Vogelfedern und Tierskeletten, die weiß geschmirgelt sind vom Sand.
Diese Gegend wirkt nicht nur ungemütlich, sie ist auch ungemütlich. Hier an der Skeleton Coast fühle ich mich nicht mehr frei, sondern einsam und verloren.
Ich war im Juni 2012 in Namibia unterwegs.
GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.