Jodeln und Singen in Altenmarkt im SalzburgerLand

Stimmenwicklung bei Annelie

„Der Ton streichelt mich vom innen“ sagt eine Teilnehmerin verblüfft. Wir sitzen in einer Runde auf der Reitlehenalm in Altenmarkt. Das Panorama auf die umliegende Bergwelt ist prächtig. Die Kühe weiden auf der Wiese, die Sonne lacht vom Himmel. Bilderbuchwetter!

Doch wir sind nicht gekommen um die Salzburger Almen und die Berge zu bewundern, sondern um mit Annelie unsere Stimme zu entwickeln. Jeder von uns hat andere Gründe, warum er oder sie hier ist. Der eine „hasst“ seine Stimme und kann sich nicht mehr singen hören, die andere möchte wissen, ob ihre Stimme für einen Beitritt zu einem Chor überhaupt geeignet ist. Eine andere fragt sich, ob sie überhaupt noch singen kann, nach jahrelanger Abstinenz und wieder eine andere hat genug vom gestrengen Chorleiter, der vorgibt, wie und was gesungen wird.

Ein bunter Haufen für mich. Für Annelie hingegen sind wir 14 Musikinstrumente, die sich in den kommenden 2,5 Stunden auf der Suche nach dem Ton machen. Und zwar nicht nach dem perfekten, schönen, reinen, sondern nach dem „einen“ Ton, dem, der in uns drinsteckt, aber raus will und raus muss.

Füße barfuß am Gras
Wir suchen unseren Ton

Wir summen drauflos und horchen in unseren Körper. Wo spüre ich den Ton? Mehr im Kopfbereich, mehr im Brustbereich? Annelie erklärt uns, wo der Ton entsteht, warum er bei dem einen in der Nase kitzelt und bei dem anderen im Hals steckenbleibt. Was mir auffällt: wir richten plötzlich unseren Körper auf, sitzen gerade und mümmeln nicht mehr in den bequemen Sesseln rum. Dem Ton tut das gerade sitzen gut. Er wird immer schöner und strahlender. Ich beobachte die Leute um mich herum. Alle haben die Augen geschlossen und lächeln. Leider vergeht die Zeit viel zu schnell. Wir stellen uns im Freien auf und singen. Es klingt wunderschön!

Singen in Altenmarkt bei Su

Schon bei der Vorstellung der Kursleiter habe ich mir gedacht: Wow! Was für eine Stimme! Su, Abkürzung für Susanne, singt alles in Grund und Boden. Mit einer Leidenschaft und Begeisterung, die unter die Haut geht. Im Kurs bekommen wir erklärt, wo der Ton entsteht. Zwerchfell, Lungenflügel, Rippenbögen und Kehlkopf werden ertastet. Hände, Arme und Beine werden abgeklopft und der Rücken eines Mitsängers wird ebenfalls klopfend bearbeitet. Hat man dabei den Mund offen, klingt das dann etwa so: Oooooooohhhhhhhhhhohohohohohohohohooooooooooooo!

Su trommelt auf den Rücken einer Teilnehmerin
Mit Körpereinsatz um den schönsten Ton

Dann wird ein Ton gesungen, den wir auf unserer Handfläche vor uns hertragen. Klingt jetzt sehr theoretisch und eigenartig, ist es aber nicht. Bei Su sitzen wir nicht auf unseren Stühlen, wir besingen den Raum. Mit hohen, lauten, leisen, schrägen, schrillen, ruhigen, langen und kurzen Tönen. Erlaubt ist was gefällt. Denn wir singen (oder bilden?) einen Cluster. Laut Wikipedia wurde diese Musikform schon in der Barockzeit benutzt, und zwar um ein Erdbeben oder das Chaos plastisch darzustellen. Na dann! Wir clustern drauflos! Und das macht Spaß! Soviel Spaß, dass wir in die Kirche ausweichen und dort das gelernte umsetzen. In der Kirche lernt Su uns einen Gospel. Und so schlecht können wir nicht sein, immerhin trauen sich noch Touristen in die Kirche.

Jodeln in Altenmarkt mit Roswitha

Dri-lei-holla-reiha-ho oder so. Diesmal ohne ritti. Na gut, wenn Roswitha das sagt, dann ohne ritti. Sie ist Vorsitzende des Salzburger Volksliedwerks, sie muss es wissen. Sie weiß auch, dass man nicht weiß, woher das Jodeln oder der Jodler kommt. Zwar gibt es viele Hypothesen, aber keine Gewissheit.

Gejodelt wird immer ohne Instrument, auf die Stimme kommt es an. Und der Begriff heißt auch nicht immer jodeln. Im Innviertel spricht man vom „almen“ und in Niederösterreich und Wien vom „dudeln“. Und weil früher nichts aufgezeichnet wurde, die Jodler also mündlich überliefert wurden, bekommen wir ebenfalls keine Noten. Roswitha singt vor und wir jodeln nach. Zuerst lernen wir den „Schuidirndljodler“ (für Nichtösterreicher „Schuldirndljodler“). Schon bald singen wir dreistimmig. Roswitha ist zufrieden und lernt uns den nächsten Jodler. Holla-hoda-ro-i-di……..

Und weil jodeln in Altenmarkt durstig macht, ich schon den ganzen Tag gesungen habe, stärken wir uns im Anschluss mit einem Schnaps. Ich bestelle das beste Käsebrot der Welt, mit fünf verschiedenen Käsesorten, alle hier auf der Moosalm hergestellt. Ich glaube, ich muss nächstes Jahr wiederkommen: zum Jodeln und Käsebrotessen auf der Moosalm, zum Clustern mit Su und zum Töne suchen mit Annelie.

Käsebrot auf der Moosalm
Nach dem Jodeln in Altenmarkt belohne ich mich mit einem Käsebrot

Vielen Dank an den Tourismusverband Altenmarkt/Zauchensee, der mich zur natura.kreativ 2013 in Altenmarkt eingeladen hat. Leider wird diese Veranstaltungsreihe nicht mehr angeboten.

Hinterlassen Sie einen Kommentar





Miriam blitzt - Miriam Mehlman Fotografie

GUDRUN KRINZINGER

Ich tue. Ich reise. Ich bin.

Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.

Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.

MUSEUMSBLOG

BÜCHERBLOG

REISENOTIZEN