Komm ein bisschen mit nach Cesenatico
Kaum berührt das Flugzeug die Landebahn, geht das Telefonieren schon los. Bepackt mit ihren Trolleys brüllen die italienischen Passagiere lautstark „pronto“, „va bene“ und „certo“ in ihre Mobiltelefone. Die Maschine, aus der ich mein Ticket für den Transfer vom Flughafen Bologna zum Bahnhof ziehen soll, ist kaputt. Der Busfahrer trägt etwas dunklere Sonnenbrillen als anderswo und wagt sich damit in den Straßenverkehr Bolognas. Der Bus ist voll. Sehr voll. Beim Bahnhof angekommen zerren alle ihre Koffer aus dem Bus. Es wird geschoben und gerangelt.
Das Chaos ist perfekt.
Der Bahnhof in Bologna präsentiert sich mir als großes Fragezeichen. Am Bahnsteig 3 steht ein Zug, aber nicht der, der mich nach Cesena bringen soll. Auf meinem fragenden Blick erklärt mir ein Zugführer mit etwas zu dunklen Sonnenbrillen den Weg. Ich muss zum Bahnsteig 3 Ovest (Osten), stehe aber beim Bahnsteig 3 Est (Westen). Grazie, signore, grazie! In drei Minuten fährt mein Zug. Genervt zerre ich den Trolley die Stiegen runter, die Stiegen rauf, Bahnsteig 3 Est, geschafft, durchatmen! Der Zug hat fünf Minuten Verspätung.
Der Zug nach Cesena ist noch voller.
Es ist heiß. Die Fenster lassen sich nicht öffnen. Ich ergattere einen Sitzplatz und lasse mich erschöpft sinken.
Und trotzdem, die italienischen Wörter klingen wie Musik in meinen Ohren. Ich bin angekommen in Italien, wo der Himmel ein bisschen blauer, der Espresso ein bisschen besser und das Gelati ein bisschen fruchtiger ist. Wo die Brunnen etwas verzierter und die Bibliotheken etwas älter sind und die Crescioni etwas frischer zubereitet werden als anderswo.
Angekommen in Cesenatico.
Wo der Sand am Strand etwas feiner ist und der Aperitivo etwas besser schmeckt. Wo in einem von Leonardo da Vinci gestalteten Kanal Fischerboote mit bunten Segeln zur Schau stehen, im Museo della Marinera die Fischfangtechniken der Vergangenheit erklärt werden und in der Casa Moretti dem Schriftsteller Marino Moretti ein Denkmal gesetzt wurde, und zwar so perfekt, dass man meinen könnte, der Autor hat sich nur für ein paar Stunden aus seinem Haus gestohlen um in einer Trattoria eine Fischplatte oder frisch gemachte Tortellini zu genießen.
Wo eine 88-jährige Einwohnerin, die Moretti persönlich und sehr gut kannte, mit leuchtenden Augen von den Filmaufnahmen zu dessen Film „L’Adreana“ erzählt. Sie, die Besitzerin einer Buchhandlung, spielte die Hauptrolle. Wo die Hoteliers in ihren familiengeführten Hotels mit ihren Gästen am Frühstückstisch sitzen und ihnen Ausflugtipps geben. Wo 25 Frauen in monatelanger Arbeit eine „knitting attack“ aushecken und unter dem Motto „Un mare di lana“ die Kühlgrube, ein Fahrrad und Häuser verschönern.
Ach Cesenatico, schon während ich meine Fotos durchforste und diesen Text schreibe, vermisse ich Dich! Und ich komme gerne wieder! Certo!
Eingeladen zu dieser Blogtour wurde ich von der Cesenatico Bella Vita Union. Mille grazie!
6 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Ceseantico sieht ja wirklich sehr einladend aus. Da würde ich jetzt am Liebsten sofort hinfahren.
Die Häckelsachen sind ja super. Das würde ich mir echt zu gern live ansehen.
Schöne Eindrücke hast du mitgebracht. Danke dafür.
Liebe Grüße
Christina
Cesenatico und auch Cesena sind defintiv eine Reise wert und auch für einen Wochenendausflug zu empfehlen. Und die Damen die häkeln und stricken planen schon wieder etwas Neues für das nächste Jahr!
Danke für den Hinweis mit ddn Gleisen, das könnte mich kommenden Freitag retten 😉
Beim Rückweg habe ich einen Plan der Bahnhofshalle mit allen Bahnsteigen entdeckt, da war ich aber nicht mehr so in Eile..
Schöner Bericht:-)
Ich bin nächste Woche wieder in Cesenatico.
Ein paar Tage Kraft tanken.
Mein Place to be ist ein kleines Café am Hafen.
Am liebsten morgens.
Herrlich
LG
Annette
Findet diese Knitting Aktion Öfter statt? Ich habe so viele verschiedene Bilder online gefunden 🙂 sieht so schön aus, ich hoffe ich kann sowas auch zehn Jahre später in Cesenatico sehen