Mit dem Twin City Liner von Wien nach Bratislava
„So stieg ich denn allein eine Anhöhe hinauf, die, wie sich fand, der Schlossberg war. Die Aussicht von der Ruine herab ist wunderschön. Es war übrigens unleidlich heiß, und so legte ich mich im Schatten der Mauern nieder und dachte – nicht viel.“ Franz Grillparzer, Tagebuch aus dem Jahr 1843 (Bratislava. Europa erlesen. Wieser Verlag 2001)
Mit welchem Verkehrsmittel ist eigentlich Franz Grillparzer nach Bratislava gekommen? Mit dem Schiff oder mit der Pferdekutsche? Denn die Pressburger Bahn, eine Art Straßenbahn, wurde erst im Jahre 1914 eröffnet. Der Twin City Liner, mit dem ich in 75 Minuten vom Wiener Schwedenplatz in die Altstadt Bratislavas gedüst bin, erlebt 2014 seine neunte Saison.
Der Twin City Liner verbindet Wien mit Bratislava
Twin City Liner – was für ein schöner Name! Er verbindet zwei Städte, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zwei Städte, die Geschichte und Geschichten teilen. Sie wurden in der Vergangenheit getrennt und wachsen durch Erlebtes und Neuerungen zusammen.
Bratislava von oben – Mit einem Oldtimerbus zur Burg
Die Anhöhe, die Franz Grillparzer zum Schlossberg hinaufspazierte, bezwang ich ganz gemütlich mit einem Oldtimer-Bus. Was Grillparzer in seinem Tagebuch als Ruine beschreibt, entpuppt sich heute als stattliche Burg. 1811 fiel das Original aus dem 9.Jahrhundert einem Großbrand zum Opfer. Erst in den 1960er Jahren begann man mit dem Wiederaufbau und der Renovierung. Heute beherbergt die Burg das Slowakische Nationalmuseum. Unleidlich heiß ist es am heutigen Sonntag übrigens nicht, eher unleidlich windig und stürmisch. Aber der Blick auf die Stadt ist, wie von Grillparzer schon vor 171 Jahren beschrieben, wunderschön.
Der „Eiserne Vorhang“ trennt die Tschechoslowakei vom Rest der Welt
Ebenfalls wunderschön ist der Blick von der Burg Devin auf die Donau und die March. Ganz deutlich sieht man wie sich das dunklere, eisenhaltige Wasser der March mit dem der Donau vermischt. Weniger schön ist die Geschichte, die sich nur wenige Meter von diesem Ort abgespielt hat.
Gehen wir zurück in das Jahr 1950. Der sogenannte „Eiserne Vorhang“ wird errichtet und trennt die damalige Tschechoslowakei vom Rest der Welt.
Ein 2-3 Meter hoher Stacheldrahtzaun soll verhindern, dass die Slowaken ihr Land verlassen. Viele versuchen es trotzdem und sterben beim Fluchtversuch. Diesen Toten wurde am Ufer der March ein Denkmal errichtet. An der slowakischen Seite zeigt es Einschusslöcher, an der Innenseite der Säulen sind die Namen der Opfer eingraviert. Sehr berührend finde ich das Herz aus Stacheldraht, dass am Donauufer unterhalb der Burg Devin errichtet wurde. Es gilt als Symbol für den Fall des Eisernen Vorhangs.
Wir verkosten Ribiselwein
Gefallen ist der Eiserne Vorhang vor ziemlich genau 25 Jahren. Und das ist doch ein Grund um zu feiern! In Devin in der Slowakei feiert man am besten mit Ribiselwein. Ribiselwein? Das ist doch dieses picksüße Gesöff meiner Jugend. Doch im Weinkeller von Augustín Mrázik ist alles anders. Ich verkoste mehrere Sorten, manche sind süß und manche schmecken angenehm trocken. Der im Barriquefass gereifte schmeckt mir am besten und kurze Zeit später habe ich mein Souvenir aus der Slowakei erstanden.
Um 16 Uhr geht es mit dem Twin City Liner wieder zurück nach Wien. Es geht unter der Neuen Brücke hindurch, ein letzter Blick auf das Ufo. Ein allerletzter Blick auf die Gebäude der Altstadt. Vorbei an der imposanten Burg Devin. Do videnia, Bratislava!
Franz Grillparzer ist übrigens auf dem Schiff nach Bratislava gereist. Folgendes schrieb er in sein Tagebuch:
„Die Wasserfahrt langweilig. Erst zwischen Petronell und Hainburg wird die Gegend angenehm. Letzteres liegt wunderschön. Ebenso Preßburg“
Eingeladen zu diesem Blogtrip hat mich Angelika von wiederunterwegs.com und Astrid vom Twin City Liner.
Zu den Fahrplänen und Tarifen des Twin City Liners geht es hier.
Bratislava hat viele Sehenswürdigkeiten. Welche? Lies bei Lisa nach:
Sehenswürdigkeiten von Bratislava
5 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Liebe Gudrun, danke für den wunderschön literarisch angehauchten Bericht.
Angelika
Ich habe mich sehr bemüht! Gerne düse ich wieder einmal nach Bratislava, vielleicht mit dem Rad. Kommst Du mit?
von schloss hof wärs nicht schlecht in der tat. oder du bist bei der nacht/abendfahrt mit dabei im juli mit dem twinnie?
lg
ang
Im Juli? Schau ma mal, du weißt doch, das Leben einer Reisebloggerin ist sehr reiseintensiv.
Liebe Reisebloggerin!
Danke für deinen Bericht, ich hatte beim Lesen sehr viel Spaß. Aber Bratislava kann noch mehr! Warst du z.B. schon mal im Martinsdom (dort wurde Maria Theresia gekrönt) oder hat du schon einmal Brimsennockerl gegessen? Weiter im Osten in Košice befindet sich noch der Dom der heiligen Elisabeth, und eine Reise wert.
LG
Kiara