Sulawesi ist schön! Ist Sulawesi schön?
Und, wie war der Urlaub? War es schön? Da ist sie, diese Frage, über die ich mir noch nie Gedanken gemacht habe. Normalerweise antworte ich kurz und bündig: Ja sicher, total schön, viel gesehen, viele Fotos, alles super, danke der Nachfrage, schau auf meinen Blog, bald kommen die ersten Beiträge. Nur diesmal geht mir die Frage nicht aus dem Kopf. Ich überlege. Sulawesi, war dieser Urlaub, diese Reise wirklich schön?
Bei der Begräbniszeremonie der Torajas entwischte ein Wasserbüffel, der Minuten später geopfert werden sollte. Er riss sich los, ging mit seinen Hörnern auf seinen Bewacher los, stürzte Richtung Tribüne, auf der ich mit fünfzig anderen Gästen saß, wir sprangen auf, der Büffel raste einen Meter an uns vorbei die Böschung hinunter und verschwand im dichten Gebüsch. Für eine Sekunde stand mein Herz still. Das war weniger schön.
Weniger schön war auch die Überfahrt mit der Fähre zu den Togean Islands. Schon beim Einsteigen wäre ich fast von der schmalen Planke gekippt mit meinem Rucksack, ich war einfach zu langsam und das Brett wackelte doch eh schon so. Die Motoren sprangen ordnungsgemäß an, der Maschinenraum war nur einen Meter von mir entfernt, die Benzindämpfe stiegen in die Luft und niemand bemerkte meinen entsetzten Blick auf die Zigaretten rauchenden Passagiere ringsum.
Ob die Giftschlange, die 30 Zentimeter von meinem Gesicht entfernt in den Büschen hing, wirklich giftig war, konnte ich erst nach meiner Reise recherchieren. Die Schlange, die mir beim Schnorcheln begegnete, war es auf jeden Fall. Den Fleck auf meinem A…., den ich mir beim Sturz im Dschungel zugezogen habe, schillert heute noch regenbogenfarben und die handtellergroße Spinne teilt sich jetzt mit anderen Touristen das WC. Außer sie ist nach dem Erdbeben geflüchet.
Das Gebell der Hunde am Markt in Tomohon kriege ich wohl mein Leben lang nicht aus dem Kopf. Im Eisenkäfig kläfften die lebenden Hunde, am Tisch daneben lagen die toten Hunde. Ihr Fleisch gilt als Delikatesse.
Alles Erlebnisse, die man nicht als „schön“ verbucht. Und doch, Sulawesi hat mich beeindruckt. Ich sah Koboldmakis und Delphine, Nashornvögel und Makakken, die sprichwörtlich durch den Wald rasten. Die frischesten Fische wurden zum Abendessen serviert. Ich wurde zu einer Hochzeit eingeladen. Selten fühlte ich mich in einem Land so willkommen. So viele freundliche und neugierige Menschen. So viel Lebensfreude. So viel Unkompliziertheit. So viele lachende Gesichter. So viel Hilfsbereitschaft.
Also, wenn mich in Zukunft jemand fragt, na, wie war Deine Reise nach Sulawesi? War sie schön? werde ich antworten, schön war es nicht, aber es war die bisher spannendste, aufregendste und abenteuerlichste Reise meines Lebens.
8 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Ich bin ehrlich beeindruckt. Schon alleine, weil ich beim recherchieren vor einigen Wochen mich gegen Sulawesi entschieden habe – zu krasse Sachen dabei. Ich bin schon SEHR gespannt auf weitere Berichte! Und schön, dass Du heil wieder da bist. 🙂
LG /inka
Also, gut, ich korrigiere: Es war die bisher krasseste Reise meines Lebens! Natürlich habe ich gewusst, was mich erwartet, die Tieropfer zum Beispiel, aber es ist dann doch ein Unterschied, ob man etwas liest oder dann doch direkt davor oder mittendrin steht. Und heil bin ich zum Glück (und der Fleck auf meinem A…. schimmert nicht mehr ganz so blau, geht schon mehr ins grün). 🙂
Wow! Was für Erlebnisse! Genauso stelle ich mir Abenteuerreisen vor! Das erinnert mich sehr an meine ersten Touren durch Zimbabwe und den Norden Namibias oder nach Botswana. Solche Reisen entsprechen sicher nicht unserem „Wohlfühl“-Modus, den wir in Europa so gewohnt sind. Andererseits können gerade diese Reisen einen dazu bringen, genau diesen einmal zu hinterfragen und sich mit anderen Kulturen und Lebensweisen auseinander zu setzen. Ich mache solche Reisen immer sehr gerne, weil sie mich zwingen, mich selbst zu testen, meine anerzogenen Werte zu hinterfragen und mich mit völlig fremden und exotischen Lebensweisen zu beschäftigen. Ich bin schon sehr gespannt, auf Deine Berichte über die Reise.
Liebe Monika, dem ist nichts hinzuzufügen! Besonders gut gefällt mir das Wort „Wohlfühlmodus“, ich habe mich sehr wohl gefühlt in Sulawesi, nur ab und zu hat der Modus etwas „gestottert“.
Das erkenne ich und ich antworte dann auch immer mit Ja, es war toll, es war schön, tolle Sachen gesehen.
Die Realität war dann aber oft nicht schön, sondern oft dreckig, nicht immer wohlriechend und einfach Alltag, wenn auch nicht meiner. Aber es war immer interessant, spannend und faszinierend. Und ich möchte keinen einzigen Tagen missen!
(Und Nein, ich meine damit nicht Holland, ab und zu zieht es mich auch hinaus in die Welt 😉 )
LG Simone
Liebe Simone, mir geht’s genauso, ich möchte keinen einzigen Tag missen! Und ich glaube auch in Holland ist es oft nicht so schön, nicht immer wohlriechend und einfach Alltag, aber interessant, spannend und faszinierend, oder? 😉
Ich war doch etwas überrascht, als ich bei dir las, was dir alles passiert (und fast passiert) ist. Denn für mich war Sulawesi der Teil Indonesiens, den ich am angenehmsten zum Bereisen fand. Viel weniger Stress als in Bali und nach meinem Gefühl auch weniger gefährlich – ich erinnere mich zum Beispiel an die vielen Raser auf Balis Überlandstrstassen…
Boote sind in ganz Indonesien eine Katastrophe. Lies nur mal, was Heiko an einer anderen Ecke durchmachte: http://www.wo-der-pfeffer-waechst.de/hoellentrip-mit-dem-boot-von-lombok-nach-flores/ Ich war überrascht, wie gut der Zustand der Fähren von Gorontalo und von Ampana war. Ich hatte da eigentlich viel Schlimmeres erwartet.
Aber das ist halt so beim Reisen: Jeder erlebt den gleichen Ort anders. Entscheidend sind am Ende oft Faktoren, die mit dem Ziel eigentlich wenig zu tun haben, wie etwa ein Sturz im Wald oder umgekehrt eine romantische Begegnung.
Es ist so wie ich in meinem letzten Satz geschrieben habe: abenteuerlich und aufregend! Und „schön“ ist einfach so subjektiv, für den einen ist es der Strand in Rimini, für den anderen die abgeschiedene Alm in der Schweiz, für den anderen die Fähren von Ampana…