Seekrank? Ich doch nicht!
Verzweifelt starre ich den Felsen am Horizont an, der langsam im Dunst verschwindet. Gut, was jetzt? Ich fixiere einfach irgendeinen Punkt am Horizont und starre weiter. Das soll helfen, Seekrankheit zu überwinden bzw. überhaupt gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Ich habe in meiner Jugend Freundschaft mit griechischen Fähren geschlossen, mich in einer Nussschale vom Festland Irlands nach Inisheer bringen lassen und die Karibik per Kreuzfahrtschiff bezwungen. Seekrank war ich nie. Doch dann kam die Rückfahrt von Fogo nach Santiago per Schnellfähre.
Die Hinfahrt war kein Problem. Zumindest kein seekrankes. Die Reservierung, die wir via Internet tätigten, war zwar das Papier nicht wert, auf der sie gedruckt war, denn: „No ferry on that date“, aber wir konnten ja umbuchen. Dass damit ein Rattenschwanz an Hotelumbuchungen folgte, war auf den Kapverden kein Problem, sondern eher Standard, so schien es mir.
Um für die gewünschte Fähre eine Platz zu ergattern, und zwar die letzten, bot man uns Plätze in der VIP-Kabine an, die mit 15 Euro mehr pro Person leistbar war.
So fanden wir uns am 5.Jänner pünktlich eine Stunde vor Abfahrt ein. Die Fähre war gerade von Fogo eingetroffen, Menschen stiegen aus, Autos fuhren raus, Kühe wurden verladen.
In aller Hektik wurden unsere Tickets bestätigt, die Rucksäcke im Fährenbauch versenkt (Containernummer merken!) und wir enterten den VIP-Raum. Sechs Sessel waren um einen Tisch gruppiert, auf dem sehr passend eine Menge Spucktüten lagen. Noch eine Person reiste mit uns in dem kleinen Raum und wir warteten auf die Abfahrt um 15 Uhr. Wir warteten und warteten und warteten.
Um 16 Uhr 15 war dann alles fachgerecht verladen und wir fuhren los. Schnell schlief ich ein und dämmerte im Halbschlaf herum. Nach viereinhalb Stunden erreichten wir Fogo. Schon erwarteten uns Taxi- und Aluguerfahrer, die uns ihre Fahrkünste anboten. Wir mussten aber noch warten, bis die Autos, Lastwagen und Ziegen die Fähre verlassen hatten und konnten erst dann im Container nach unseren Rucksäcken wühlen.
Die Rückfahrt von Fogo nach Santiago gestaltete sich etwas stressfreier. Das Ticket musste nicht mehr abgezeichnet werden, der Rucksack wurde dennoch im Container mit der Nummer 10 verstaut. Die Gangway hinaufgelatscht und einen Platz suchen war ebenfalls kein Problem. Auf den Tickets sind Sitzplätze aufgedruckt, dennoch herrschte freie Platzwahl. Mit nur 15-minütiger Verspätung fuhren wir ab und bekamen noch ein Spektakel der Sonderklasse zu sehen: Delfine begleiteten uns das erste Stück unserer Reise zurück nach Praia auf Santiago.
Kaum verschwand die Fähre aus dem Windschatten der Insel Fogo, begann im Innenraum der Fähre das nächste, weniger erfreuliche Spektakel. Das kollektive Kotzen begann. Neben mir, hinter mir, vor mir, alle hielten ihre Speibsackerl in der Hand und benutzen sie auch. Ich beugte mich dem Gruppenzwang und machte mit. Die nächsten drei Stunden waren nicht die schönsten in meinem Leben.
Ein Mädchen der Fährgesellschaft war nicht betroffen. Sie verteilte Klopapier und Spuktüten und begleitete Kinder und ältere Menschen aufs WC, dabei hatte sie immer ein Lächeln auf ihren Lippen.
Nach viereinhalb Stunden war der Spuk (oder besser gesagt das Spucken) vorbei. Wir liefen im Hafen ein. Alle rafften ihr Gepäck zusammen als ob nichts gewesen wäre und nicht eben 200 Passagiere ihre Magensäfte in Plastiksackerl verteilt hätten. Nur einige wenige blieben von der Seekrankheit verschont. Die standen im Freien und starrten eben eine Punkt an, irgendwo da draußen am Horizont.
Und heute, auf der Fähre von Mindelo nach Santo Antão starre ich mit. Ob es hilft?
Ich freue mich über eure Tipps und Tricks zum Thema Seekrankheit.
Dieser Beitrag wurde verfasst am 13.Jänner 2014. Die Kapverden besuchte ich vom 1.-17.Jänner 2014.
4 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Oje, du arme. Ich hatte gleich drei dieser Reisen, aber ich esse vor einer Fährfahrt generell immer wenig und dann gehts. Meine erste Reise ging nach Helgoland (dat war ein windiger Apriltag), die zweite wellige Reise war auf einem Miniboot im Atlantik (wobei es nach einer Weile ging) und meine dritte war eine Reise von Ijmuiden nach Newcastle, in der wir eine Frontkabine hatten. In dieser Nacht habe ich meinem Nachbarn beim Ulf rufen zuhören müssen (nicht sehr toll). Was mir geholfen hat – einen festen Punkt fixieren. Und ab und zu wie beim Druckentlasten Ohrendrücken….
Liebe Janett, wir werden sehen! Die Überfahrt von Mindelo nach Santo Antao habe ich gut überstanden, morgen gehts retour….
Oh, nein 🙁 Bin auch in der Situation, aber mittlerweile verzichte ich ganz auf Seefähren, mache mir dagegen immer einen gemütlichen Skiurlaub, so mit Wellness und Massagen.
Aufs Meer könnte ich nicht verzichten, mal sehen was beim nächsten Mal passiert!