Die Straße der Kaiser und Könige
Unterwegs zu sein an der Straße der Kaiser und Könige, auch genannt Donau, bedeutet an jeder Ecke und an jedem Ende Geschichte einzuatmen. Wie Perlen auf einer Schnur reihen sich Burgruinen, Barockstifte, Schlösser und Jagdschlösser zwischen Regensburg und Budapest aneinander.
Und eines verbindet sie alle: Die Nähe zur Donau, dieser Wasserstraße, die schon seit Jahrhunderten als Transportweg genützt wurde und immer noch genützt wird. Sitzt man einen Tag an der Donau (die ich ehrlicherweise noch nie blau erlebt habe, dafür aber immer schön), ziehen sie vorbei, die Flusskreuzfahrtschiffe, die Frachter und ganz selten auch Zillen.
Was eine Zille ist? Ein Holzschiffchen, gebaut aus Fichten- oder Lärchenholz, meine war ausgestattet mit einem 6 PS Motor. Mit diesem Schiffchen eroberte ich letzten Montag die Donau. Kaiser oder König habe ich keinen getroffen auf meinem Ausflug, aber als ich vor zwei Wochen das Schloss Artstetten in Niederösterreich besuchte, gab uns die Urenkelin des Thronfolgers, Fürstin Anita Hohenberg, die Ehre. Wobei die Ehre ganz auf unserer Seite war und ich der Hausherrin des prächtigen Schlosses stundenlang hätte zuhören können.
Artstetten ist ein Gesamtkunstwerk.
Das Schloss mit seinen sieben Zwiebeltürmen steht da wie ein Märchenschloss, eingebettet in eine grandiose Parklandschaft mit Kastanienallee, Pfingstrosen und Gartenteich. Das strahlende Wetter lässt mich fast die tragische Familiengeschichte vergessen. Nur ein paar Meter von hier sind in der Familiengruft der in Sarajevo ermordete Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie bestattet.
Stundenlang könnte man da im Schlosspark flanieren und sinnieren. Was wäre wenn Gavrilo Princip am 28.Juni 1914 in Sarajevo danebengeschossen hätte? Wäre Österreich dann immer noch eine Monarchie? Der erste Weltkrieg niemals ausgebrochen? Schönbrunn immer noch von Kaisern und Königen bewohnt? Wir werden es niemals wissen.
Mein nächstes Ziel entlang der Straße der Kaiser und Könige heißt Hochbarock.
Oh, nein Verzeihung, natürlich muss es heißen Stift Melk. Aber wo soll ich dort anfangen? Und wo aufhören? Da wäre einmal der Gartenpavillon, erbaut von Franz Munggenast, ausgeschmückt mit exotischen Motiven von Johann Wenzel Bergl. Der Prälatenhof, der Kaisertrakt, der Marmorsaal mit dem Deckenfresko von Paul Troger, die Bibliothek mit über 1800 Handschriften und 750 Inkunabeln.
An das Geräusch der koreanischen Touristen, die zuallererst nach Luft schnappten, als sie den mit Blattgold geschmückten Innenraum der Kirche sahen und im Anschluss ihre iPads, Smartphones und Kameras zückten, werde ich mich wohl ewig erinnern.
In Dürnstein schnappe ich nach Luft.
Beim nächsten Besuchspunkt der Reise entlang der Donau schnappte dann ich in Dürnstein nach Luft. Eine Illusion meiner Kindheit wurde grausam zerstört. Blondel, der Retter des auf der Burg Dürnstein gefangenen Richard Löwenherz, gibt es nicht und es hat ihn auch nie gegeben. Ob das die Besitzer des Gasthofes „Sänger Blondel“ wissen?
Ich brauche auf diesen Schock erstmal ein Marillenschnapserl. Denn neben den berühmten Wein aus der Wachau, der hier eine zweitausendjährige Geschichte aufweist, zählt die Wachauer Marille zu den Besonderheiten der Region. Die wird nach der Ernte zu allerhand Schmackhaftem verarbeitet: Eis, Marmelade, Knödel, Schokolade, Schnaps, Kuchen und Bowle fallen mir auf die Schnelle ein. Wer nach mehr Anregungen sucht, wird am Genuss- und Kulturfest „Alles Marille“ am 10.und 11.Juli 2015 in Krems fündig. Wahrscheinlich bin ich auch da, denn schließlich liegt auch Krems an der Straße der Kaiser und Könige!
Meine Gastgeber auf der Reise waren die ARGE Straße der Kaiser und Könige und die Region Donau Niederösterreich. Reisezeitraum: Mai 2015
6 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Hallo Gudrun,
herrlich eine Zille, das erweckt Erinnerungen an meinen Opa, der hatte auch eine, jedoch ohne Motor 😉
Das „Marillenfest“ hört sich interessant an, danke für den Tipp.
Danke für die schönen Bilder und Bericht.
LG Tanja
Ohne Motor? Das heißt er ist gerudert? WOW!
schöner bericht 🙂
ich bin letztes wochenende den schlössermarathon fast um die ecke gelaufen.
Schlössermarathon klingt spannend! Welcher Platz ist es geworden?
Danke Gudrun für den tollen Bericht!
Danke schön für Dein Lob!