[7ways2travel] – Warum ich literarisch reise
„Müssen wir wirklich in jede Buchhandlung?“, meine Freundin sah mich anklagend an. Ich sah verständnislos zurück. Was meinte sie? Wir waren in Paris unterwegs und bummelten durch das Stadtviertel Saint-Germain-des-Prés. Kaum aus der Metro ausgestiegen, wurde ich neben dem berühmten Café de Flore am Boulevard Saint-Germain fündig. „L’Ecume de Pages“, eine Buchhandlung ganz nach meinem Geschmack, nicht zu modern, nicht zu alt, Bücher bis an die Decke und Öffnungszeiten bis Mitternacht. Jawoll, bis Mitternacht, meine Damen und Herren, Paris ist eben eine Stadt der Literatur.
Literarische Reisen – Paris war schon immer ein Pflaster für Literaten
Wir bogen ab in kleine Gassen und schwupps, schon landete ich in der „Librairie Monte Christo“, einer Buchhandlung, die sich auf Werke von und über Jules Verne spezialisiert hat. Zwei Gassen weiter „La Chambre Claire“, eine Buchhandlung voll mit Fotobildbänden. Meine Freundin lockte mich weiter in den Jardin du Luxembourg, in der Annahme mich für den Park begeistern zu können. Der Park ist riesig und wunderschön, aber während sie unter Baumalleen promenierte, blätterte ich im Museumsshop des Musée du Luxembourg den Museumskatalog durch.
Buchhandlungen, Bücherflohmärkte, Literaturmuseen, Bibliotheken, Häuser und Gräber bekannter Schriftsteller und Schriftstellerinnen, all diese Gebäude und Orte ziehen mich magisch an. Warum das so ist? Ich weiß es nicht, aber ich hatte bereits in der Volksschule die Klassenbibliothek in einem Monat durch und die Lektüre von Peter Handke und Boris Bukowski hat mich auch als 12-Jährige nicht abgeschreckt um einige Jahre später an der Uni Wien Germanistik zu inskribieren.
Doch die ehrwürdigen Hallen der Universität (ihr müsst unbedingt einmal einen Blick in den Lesesaal der Hauptuniversität werfen – wunderschön!) waren aus verschiedenen Gründen nichts für mich. Ich landete als Lehrling in einer Buchhandlung im ersten Bezirk. Bei Signierstunden und Lesungen lernte ich Schriftsteller kennen und schleppte haufenweise signierte Bücher nach Hause.
Meine erste große Reise über den Atlantik führte mich nach New York. In einer Buchhandlung (wo sonst?) traf ich Salman Rushdie, den Autor von „Die Satanischen Verse“. Er signierte mir bereitwillig eines seiner Bücher und plauderte mit mir über Wien.
Meine Reisen beginnen immer in einer Buchhandlung
Welche Reiseführer gibt es? Welche Romane und Erzählungen wurden über das Land veröffentlicht? Welche Autoren und Autorinnen kommen aus diesem Land? Gibt es Nobelpreisträger? Die literarischen Begegnungen in den Ländern und Städten selbst überlasse ich dann oft dem Zufall.
Meine Reisen zu Karen Blixen
Es war Zufall, dass ich in Kenia auf Karen Blixens Farm landete. „Ich hatte eine Farm in Afrika am Fuße der Ngong-Berge. Nach allen Seiten war die Aussicht weit und unendlich. Alles in dieser Natur strebte nach Größe und Freiheit“, lauten die ersten Zeilen ihres Buches „Afrika – dunkel, lockende Welt“. Die meisten Touristen, die mit mir durch das Karen Blixen Museum schlenderten, kamen wegen der oscargekrönten Verfilmung „Jenseits von Afrika“. Zwar ist die Aussicht auf die Ngong-Berge nicht mehr so weit und unendlich, doch im Schlafzimmer steht das aus dem Film bekannte Grammophon, auf dem Plattenteller liegt eine Schallplatte von W.A.Mozart.
Vier Jahre später stand ich dann vor Blixens Geburtshaus in Rungsted Kyst, 20 km von Kopenhagen entfernt. Diesmal war der Besuch kein Zufall. Ich hatte von dem Museum in einem Reiseführer gelesen und wollte den Ort besuchen, wo die Autorin aufgewachsen war und wo sie nach ihrer Rückkehr von Kenia gelebt hatte. Das Haus wirkt bewohnt, auf Vitrinen und Tischen stehen prachtvolle Blumenarrangements und es scheint so, als ob die Autorin nur kurz das Haus verlassen hätte.
Dieser Anblick erinnerte mich wiederum an eine andere literarische Begegnung. Rückblick auf Kuba im Jahr 2011. Ein ebenfalls mit Jagdtrophäen geschmücktes Wohnzimmer, eine ebenfalls alte Schreibmaschine auf einem hölzernen Schreibtisch, ich war zu Gast in Hemingways Turm in Havanna.
Lisssabon – Eine Literaturstadt
Schreibmaschinen begegneten mir noch öfter auf meinen Reisen. Sowohl im José Saramago Museum als auch in der Casa Fernando Pessoa in Lissabon sind die jeweiligen Schreibwerkzeuge der Literaten ausgestellt. Victor Hugo konnte von so einem Wunderding nur träumen, er schrieb mit einem Gänsekiel, den ich im Museum am Place de Vosges in Paris bewunderte.
Bewunderung schenkte ich auch den schmalen Gassen im Stadtviertel Panier in Marseille. Ich war unterwegs auf den Spuren von Fabio Montale, einer Romanfigur erschaffen von Jean-Claude Izzo. Anhand von Buchzitaten aus seiner „Marseille-Trilogie“ stöberte ich durch die Stadt und schrieb dem Autor einen Brief.
Manchmal vermischen sich eben Realität und Fiktion. Ich stand auch bereits am Quai des Orfèvres in Paris und wartete auf Inspektor Maigret. In der Oxford Bar in Edinburgh bestellte ich mir ein Bier, doch kein Inspektor Rebus gesellte sich zu mir. In Dublin suchte ich die Straßen nach Leopold Bloom ab und wurde in der ältesten öffentlichen Bibliothek Irlands von einem etwa hundertjährigen Bibliothekar gefragt, ob wir Österreicher Französisch sprechen.
Welche Ziele und Orte habe ich auf noch auf meiner literarischen Wunschliste?
Ich würde zu gern einen Blick ins Paschingerschlössl werfen, wo Stefan Zweig seine Salzburger Jahre verbracht hat. Außerdem geht mir nach einem Blogbeitrag von Nicole sein letzter Wohnort Petropolis nicht mehr aus dem Kopf.
Ich möchte sowohl in die berühmte Anna Amalia Bibliothek in Weimar als auch in das Museum der Unschuld von Orhan Pamuk in Istanbul. Mit Dostojewski im Gepäck träume ich mich nach St.Petersburg und mit Astrid Lindgren nach Vimmerby in Schweden. Ich war noch nicht am Grab von Thomas Bernhard und im Literaturmuseum in Wien auch noch nicht. Schande über mich, dabei liegt es gleich um die Ecke.
Und immer wieder fragen mich Leute, ob ich neben meinen Reisen noch zum Lesen komme. Dabei ist ganz einfach: Ich lese nur an Tagen, die mit g enden. Und mittwochs!
Das war mein Betrag zur 7ways2travel-Woche unter dem Motto: Wie wir am liebsten reisen.
Manchmal haben wir Reiseblogger auch ähnliche Interessen. So kann ich dem Beitrag von Corinna und Florian aka Travelpins so einiges abgewinnen, besonders wenn es um den Genuss beim Reisen geht.
Und hier lest ihr, wie die anderen Reisebloggerkollegen und -kolleginnen unterwegs sind:
Bei Angelika von Wiederunterwegs.com geht meistens nichts ohne ihren Hund
Coffee: Warum ich gerne Urlaub mit Hund mache
Jürgen und Melanie von Lifetravellerz.com reisen am liebsten mit ihrem VW Bus
Cori und Flo von Travelpins.at reisen aktiv und mit Genuss
Gerhard von Andersreisen.net ist ein Schienenreisender und kommt an keinem Zug vorbei
Melanie von Urlaubsgeschichten.com reist gerne mit ihren Mädels
Maria von Kofferpacken.at hat sich dem Slowtravelling verschrieben
10 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Wenn ich reise, will ich – genauso wie du – mich schon davor ins Land „hineinlesen“ und im Nachhinein brauch ich auch immer noch was zum „Ausklingen“ lassen.
Im Fall von Portugal/Lissabon hab ich mir die „Portugiesische Reise“ gekauft, werde aber nicht so richtig glücklich damit. Kannst du mir ein anderes Buch empfehlen?
Und vielleicht frag ich dich auch, bevor ich das nächste Mal verreise, wenn Selbstrecherche zu keinem passenden Ergebnis führt….
Ja, klar! Saramago ist halt auch schwerere Kost. Für Lissabon kann ich Dir von Tabucchi, Lissabonner Requiem, empfehlen, oder Sylvia Roth, Ein Jahr in Lissabon, oder Pessoa, Mein Lissabon… Und dann gibt es noch die Picus Lesereisen, die sind immer gut geschrieben und recherchiert…
WUnderbar, da kann ich mir ja einiges abschauen – ablesen. Du warst bei der Frau Blixen daheim? Cool. Ich würde gerne auf den Spuren der Familie Mann reisen, nachdem ich die neu aufgelegten gesammelten briefwechsel der gesamten familie gelesen habe. Schnitzler, Werfel und Mahler, Zweig und Roth – ebenso.
Übrigens war ich vorgestern im Literaturmuseum in Wien – hehehe – so einen Tag ohne Coffee und ohne Hundepflichten, den muss man ausnützen 🙂
Hoffentlich gibt’s einen Blogbeitrag zum Literaturmuseum?
Also ohne Bücher könnte ich auch niemals verreisen. Ich habe ständig Angst, dass ich zuwenig Bücher auf Reisen mithabe (seit ich einen e-reader habe, haben sich die Ängste verringert). 🙂 Und mein Handgepäck übrigens auch….
Obwohl ich gerne Krimis und Thriller lesen, fesseln mich Afrika-Romane mit leichtem „Schnulzfaktor“ ganz besonders. Die Farm von Karen Blixen würd ich auch sofort besuchen, wenn ich mal in der Gegend wäre, sieht wunderschön aus.
Die Farm von Karen Blixen war ein Highlight auf meiner Keniareise, der anschließende Stau in Nairobi war dann das andere Extrem. Krimis lese ich ebenfalls sehr gerne!
Das Problem mit dem Handgepäck habe ich auch:
https://andreas-moser.blog/2016/08/06/buecher-umzug/
Was für ein toller Bericht! 🙂 Ich lasse mich auf Reisen auch oft literarisch inspirieren. In England habe ich z.B. das Haus von Jane Austen besucht, das war ein tolles Erlebnis. An Buchhandlungen kann ich auch nicht vorbeigehen, nachdem ich früher mal selbst in einem super niedlichen Laden gearbeitet habe. “Out of Africa“ liegt schon auf meinem Büchertisch und ist das nächste Buch, das ich lese 🙂 LG aus Berlin!
Bei Jane Austen war ich glaube auch schon mal. Aber das ist schon soooo lange her, damals gab es noch keine Fotoapparate 🙂 Ich hoffe das Buch von Karen Blixen gefällt Dir!
Ich versuche auch, so viel wie möglich vor und während der Reise zu lesen. Sowohl Romane, Reiseliteratur als auch Sachbücher.
Ich finde das wichtig, um ein umfassendes Bild zu bekommen, denn in fast jedem Land gibt es Kapitel, über die einem Einheimische nicht bereitwillig erzählen, wenn man nicht schon davon weiß (oftmals soziale oder Umweltprobleme oder dunkle Kapitel der Geschichte). Ohne Vorbereitung bekäme man so eine geschönte Version des Landes präsentiert.
In Rumänien hätte mir z.B. niemand davon erzählt, dass die Roma bis 1855 Sklaven waren. (Ja, auch in Europa gab es Sklaverei.) Das musste ich mir selbst erlesen. Genauso über die Kollaboration der Bevölkerung in Litauen mit den Nazis.