Die 10 Gebote für das Wipptal
Ab nach draußen! lautet die Devise, wenn man im Wipptal in Tirol ankommt. Also man kann Schneeschuhwandern, Winterwandern, Schlittschuhlaufen, Rodeln und sämtliche winterliche Aktivitäten unternehmen, denen ich so gar nichts abgewinnen kann. Im Winter ist es bitterkalt und viel lieber verschanze ich mich mit einem guten Buch vor dem Kaminfeuer.
Doch das Wipptal ist ein ganz besonderer Ort, der sogar mich verzaubert hat. Und so war ich viel öfter draußen unterwegs, als mir lieb war…
Die 10 Gebote für das Wipptal
Du sollst Dir im Wipptal Schneeschuhe ausborgen
Abseits von den schneegeräumten Straßen spielen sich im Obernbergtal, einem Seitental vom Wipptal, die wahren Abenteuer ab. Ich sehe Forellen an der Quelle zu, lausche dem Gezwitscher einer Kohlmeise und betrachte die Eintagsfliegen, die Wolfgang aus dem glasklaren Bach holt. In der Plastikschale schwimmt noch so manch anderes Getier. „Die Leute sagen oft, das würden sie nicht trinken. Dabei gilt das Gegenteil. Ich würde mir Sorgen machen, wenn nichts mehr drinnen ist.“ Behutsam leert der 50-Jährige Naturführer das Wasser in den Bach zurück.
Wir stapfen weiter durch den knöchelhohen Schnee und ziehen mit unseren Schneeschuhen eine weitaus unelegantere Spur als die im Wald lebende Tierwelt. Wolfgang zeigt auf Fuchs-, Eichhörnchen- und Hasenspuren und erklärt uns die Unterschiede.
Noch bewegen wir uns im Schatten, die Sonne steigt mit uns empor und taucht die umliegenden Holzhütten auf einer Lichtung ins erste Sonnenlicht des Tages. Für uns geht es höher und höher. Immer wieder bleibe ich stehen und bestaune die umliegende Bergwelt. Das ist doch viel besser als das tägliche „Vor-dem-Computer-sitzen“.
Du sollst den Obernberger See bestaunen
Wir biegen aus dem kleinen Waldstück und haben es geschafft. Vor uns liegt der Obernberger See, gut versteckt unter einer dicken Schneedecke. Vor Tausenden von Jahren war hier noch alles unter einer dicken Eisschicht bedeckt. Ein prähistorischer Felssturz ließ den See entstehen und spülte riesige Steine Richtung Tal.
Wir begegnen bloß vier Wanderern, zwei sind ebenfalls mit Schneeschuhen unterwegs. Im Sommer ist es hier oben natürlich nicht so ruhig. Ganze Familienverbände pilgern zu einem der größten Seen in den Nordtiroler Zentralalpen. Das Wirtshaus zu unserer Linken hat schon länger geschlossen, ein jahrelanger Rechtsstreit verhindert ein geplantes Hotelprojekt. Gerne würde ich um den See stapfen, laut Wolfgang kann man den See in einer guten Stunde umrunden. Doch die Zeit drängt, wir haben Hunger und unser Mittagstisch ist in Schmirn, einem der drei Bergsteigerdörfer, gedeckt.
Du sollst eine Kaspressknödelsuppe genießen
Ich heiße Gudrun, bin Reisebloggerin und süchtig nach Kaspressknödel. Im Gasthaus Olpererblick werde ich fündig und schon landet eine dampfende Rindsuppe mit zwei Kaspressknödeln vor mir. Doch in diesem Traditionsgasthaus stehen noch ganz andere Köstlichkeiten auf der Speisekarte: Hirtenmakkaroni, Gulasch, Zwiebelrostbraten, Tafelspitz und Steak. Die Fleischlieferanten kommen aus der nächsten Umgebung. Im Schmirntal werden die Tiroler Almochsen gezüchtet.
„Ein Almochse wächst langsamer als ein herkömmliches Rind, somit ist das Fleisch feinfaseriger und einfach perfekt“, erklärt uns der Schmirner Bürgermeister Vinzenz Eller, der uns wenige hundert Meter vom Gasthaus entfernt in seinen Stall führt. Neugierig werden wir von den Ochsen und Kühen beäugt, als wir den Stall betreten. Die Kälber werden drei Monate lang mit Milch getränkt, dann erhalten sie bestes Futtermittel. Im Sommer geht es hinauf auf die Alm. „Die Nachfrage nach regionalen Produkten mit hoher Qualität ist gestiegen“, freut sich Eller, der sich stolz mit seinen Ochsen im Stall ablichten lässt.
Du sollst in den Bergsteigerdörfern Bergsteigen gehen
Eine langjährige Alpingeschichte, ein gutes Wegenetz, touristische Infrastruktur, keine großen Skigebiete, keine großen Hotelbauten. Das sind nur einige der Kriterien, die das Gebiet von St.Jodok mit dem Schmirn- und Valsertal erfüllen um sich Bergsteigerdorf nennen zu dürfen.
Den Olperer mit seinen 3.476 Höhenmetern werde ich wohl nie bezwingen können, doch neben dem Bergsteigen kann man hier im Sommer ausgezeichnet Wandern und im Winter Schneeschuhwandern, Langlaufen und Bergtouren gehen.
Mit dem Wanderbus im Sommer und dem Wintertourentransfer im Winter ist man dankenswerterweise als Nicht-Autofahrer bestens gerüstet um diese schönen Täler kennenzulernen.
Du sollst im Gschnitztal oder Wipptal Winterwandern gehen
Du könntest Dir auch Langlaufski ausborgen, ich aber bevorzuge die gemütlichere und weniger sportliche Variante um meine von der trockenen Büroluft ausgetrockneten Lungenflügel frische Bergluft zukommen zu lassen.
Du musst in der Pumafalle einkehren
Das ist übrigens kein Gebot, sondern ein Befehl! Die Pumafalle ist eine grandiose Jausenstation im Gschnitztal, einem Seitental vom Wipptal. Direkt neben dem Gasthaus führt auch eine Langlaufloipe vorbei. Falls der Hunger oder Durst zu groß werden, einfach Langlaufski abschnallen und Pause machen.
Du sollst ein Lawinen Sicherheitstraining belegen
„Der hot ned überlebt“, meint Hubert Gogl lapidar. Der Bergführer aus St.Jodok zeigt uns kurze Filme über Lawinenabgänge. Obwohl die meisten davon für die Beteiligten glimpflich endeten, hätten viele Unfälle, darunter auch tödliche, vermieden werden können. Dem etwa einstündigen theoretischen Teil des Sicherheitstrainings folgt ein praktischer.
Neben dem Gasthaus Olpererblick in Schmirn gibt es einen LVS-Park. LVS steht für Lawinenverschüttetensuchgerät. Ich erhalte ein solches Gerät und versuche das eben gelernte anzuwenden. Fünf Minuten habe ich Zeit um zwei Verschüttete zu finden. Das LVS zeigt mir am Display mit Pfeilen die Richtung an, Hubert feuert mich mit „schneller, schneller“ an.
Was die Suche kompliziert macht? Das LVS leitet mich nicht direkt zu dem Verschütteten, sondern schickt mich bogenförmig in die richtige Richtung. Zum Glück hat uns Hubert dieses elektromagnetische Phänomen erklärt. Ich bin nur noch 1,4 Meter vom vermeintlich Verschütteten entfernt und führe das Gerät knapp über der Schneeoberfläche. Mittels Einkreuzen ermittle ich den kleinsten Anzeigewert. Helga steht mit der Sonde bereit und stößt diese in den Schnee. Ein Signal ertönt, den ersten Verschütteten habe ich gefunden. Im Ernstfall müsste ich jetzt mit dem Schaufeln beginnen, und zwar immer trichterförmig, nie brunnenschachtförmig, so hat es uns Hubert erklärt. Mein Herz klopft wie verrückt, wie würde es mir im Ernstfall ergehen?
Du sollst endlich Skifahren lernen
Dieses Gebot gilt nur für die Reisebloggerin!
Ich gebe es zu, ich war ein bisschen neidisch. Ich, die Skifahrverweigerin, konnte bei der geplanten Skitour nicht mitgehen. Wie denn auch, nach fast 25-jähriger Abstinenz von den Skipisten. Freeriden hieß bei uns noch Mugelpistenfahren und Carven war ein Fremdwort. Meinen Skifahrerfrust habe ich mir übrigens in diesem Blogbeitrag von der Seele geschrieben: Skifahren
Aber in einem kleinen, feinen Skigebiet wie der Bergeralm mit überschaubaren 28 Pistenkilometern wäre es eine Überlegung wert, wieder einmal in Skischuhe zu schlüpfen und mehr oder weniger elegant die Pisten runterzuwedeln.
Du sollst auf der Sattelbergalm Trisknödel bestellen und mit dem Schlitten talabwärts sausen
Wenn ein Kaspressknödel auf meinem Teller landet, bin ich schon überglücklich (siehe Gebot Nummer 3). Doch neben dieser Köstlichkeit landen auf der Sattelbergalm auch ein Spinatknödel und ein Schlutzkrapfen auf meinem Teller. Aller guten Knödel sind drei!
Die Sattelbergalm ist das Paradies unter den Skitourengehern. Da Hüttenwirt Luis die ehemalige Skipiste präpariert, ist das Gebiet perfekt für Anfänger geeignet. Wer dem Freeriden nichts abgewinnen kann, brettelt einfach die Piste runter. Andere Fortbewegungsmittel Richtung Tal: Schlitten oder Hüttentaxi.
Und wer gar nicht nach Hause will, fragt den Hüttenwirt ob noch ein Bett frei ist.
Du sollst in Almi’s Berghotel übernachten
Ein fröhliches „Guten Morgen, Gudrun!“, ein Genießerfrühstück mit vielen regionalen Produkten, ein Zimmer mit großen Balkon, eine „Tuat-Guat-Zone“ mit wunderschönen Ausblick auf die St.Nikolaus Kirche und den Obernberger Tribulaun, kostenloser Verleih von Schneeschuhen, Wanderstöcken, Rucksack, eine umfangreiche Bibliothek mit Bergsteigerbüchern zum Ausborgen und immer ein freundliches Wort, so habe ich das Almi’s Berghotel in Obernberg kennengelernt.
Der Tourismusverband Wipptal hat mich auf diese Reise eingeladen. Vielen Dank!
Vielleicht kann ich euch mit meinem Beitrag nach draußen locken? Noch mehr Tipps auf den Winter und was man draußen unternehmen kann, findet ihr hier: Ab nach draußen! Auch im Winter
15 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Liebe Gudrun,
was soll ich denn jetzt sagen? Du und Schneebilder!!! Das geht aber nicht wirklich, oder?
Aber eine andere Frage, warum ist über dem kleinen Traktor ein blauer Wäschekorb? Was für lustige Rituale hat man im Wipptal?
Liebe Grüße
Katja
Haha, ist mir gar nicht aufgefallen, keine Ahnung warum da eine Wäschekorb drauf ist, ich glaube ich muss nochmal auf Recherchereise ins Wipptal, kommst mit?
Ja, sehr passend zur aktuellen Jahreszeit. Das Wipptal kann ein ganz tolles Ziel sein. Man spannt aus, genießt das Skifahren oder geht auch wandern, wenn es doch wärmer ist. Sooo kalt ist es da gar nicht immer. 🙂
Das stimmt, kalt war es nicht…
Das zu lesen und die Bilder anzuschauen macht definitiv Lust auf mehr. Kaspress- oder Trisknödel – noch nie gehört, aber schauen lecker aus 😉
Skifahren werden wir unserem kleinen übrigens gleich im nächsten Winter beibringen 😉 Dann ist er fast 3 – also geb dir ein Ruck 😉
Gut, mach ich!
Das an 10 Geboten aufzuziehen, ist ja richtig witzig – und dann schreibst du auch noch so launig, dass es Spaß macht zu lesen. Und du scheinst traumhaftes Wetter gehabt zu haben. Das macht Lust auf die Region
Danke Dir! Die Gegend ist wirklich traumhaft, und von München aus gut zu erreichen!
Oh man. Deinen spannenden Bericht vor dem Essen zu lesen war wirklich keine gute Idee. Das sieht alles so lecker aus. Und Schneebilder bekomme ich im Moment nicht genug. Wir haben ja schließlich seit ewigkeiten Sommer;-) viele Grüße micha
Ich bin ja normalerweise auch nicht so der Schneetyp, aber ab und an muss es dann doch sein….
Ich will jetzt auch ins Wipptal. Und bei Schönwetter, guter Sicht und guten Brettln zu meinen Skischuhen könnte ich auch skifahren! Und: Nein ich bin auch nicht so der Schneetyp, aber wenn das Essen und das Wetter und die Unterkunft stimmt und mich kein Ehrgeizling zu sportlichen Höhenflügen zwingt, dann bin ich dabei 🙂
Das Wipptal ist im Sommer auch schön, dann sparen wir uns das Skifahren…
Hallo Gudrun,
tolle Bilder. Ich war im Stubaital schon zweimal, aber das Wipptal kenne ich noch nicht. Im Januar konnte ich in Neustift bei Traumwetter langlaufen. Das nächste Mal komme ich ins Stubaital im Sommer. In der warmen Jahreszeit ist es dort bestimmt auch traumhaft schön.
LG
Ina
Hallo Gudrun,
Wirklich gelungener Blog! Wundervolle Bilder und allgemein einfach tolle Beiträge.
Du fasst interessante Insights zum Thema Wintersport bzw. Winterurlaub im Wipptal wirklich gut zusammen.
Ich finde es sehr cool, dass du so ein breit gefächertes Angebot im Winter in Österreich beschreibst und ich liebe deinen „To Do Listen“-artigen Aufbau.
Super Inspiration für den nächsten Winterurlaub in Österreich. 🙂
LG
Maria
Hey, das ist ein schöner Beitrag – und di bist die Erste in der Blogparade. Ich freu mich ganz dolle. Liebe Grüße