Die Mariazellerbahn – Mit der Himmelstreppe von St.Pölten nach Mariazell
„Und wo wanderst Du hin?“, neugierig fragt der ältere Herr in der Mariazellerbahn sein junges, sportliches Gegenüber.
„Von Mariazell zum Wörthersee“, antwortet der etwa 20-Jährige.
„Na, da bist ja eh ein paar Tage unterwegs“, erwidert der Herr im sportlichen Radtrikot und nimmt noch einen Schluck aus seiner Bierdose.
„Ganze zwei Wochen“, meint der junge Mann, grinst und fragt zurück: „Und selber? Machen Sie ein Radrennen?“ „Nein, nein“, winkt der Senior ab, „wir müssen uns ja nichts mehr beweisen, oder Kurtl?“ Prüfend schaut er seinen Freund an. Dieser sitzt versunken auf seinem Sitz und schläft.
Die Mariazellerbahn – ein Mikrokosmos
Ich grinse ebenfalls. Die Mariazellerbahn, ein Mikrokosmos. Da sind die Radbesitzer, die mit Hilfe der Zugbegleiterin ihre Räder in die Abteile hieven. Da gibt es die Wanderfexen in allen Altersgruppen. Die einen sind ausgerüstet mit Wanderstöcken, Schlafmatten und Thermosflaschen, die anderen mit Wanderstiefeln aus den 70er Jahren und eben solchen gestylten Rucksäcken. Eine Familie bestehend aus drei Generationen hat ihre Plätze eingenommen, der Großvater lächelt versonnen sein Enkelkind an. Und immer wieder zeigt jemand nach draußen und sagt: „Schau mal, wie schön“.
Manche sprechen diesen Satz zu ihren Sitznachbarn und/oder Familienmitgliedern oder zu sich selbst. Andere unterhalten mit ihren Aussprüchen und Witzen die Fahrgäste des gesamten Zugabteils. Mich hat bereits ein Fahrgast adoptiert. Er macht mich auf die Schönheiten entlang der Fahrstrecke aufmerksam.
Sehenswürdigkeiten entlang der Mariazellerbahn
„Mein Fahrrad steht in Weinburg, damit fahre ich dann weiter rein ins Pielachtal“, erzählt er mir. „Waren Sie schon mal im Pielachtal?“ fragt er mich. Ich verneine und blicke aus dem Fenster. Links ein Meer aus Sonnenblumen, rechts grüne, saftige Wiesen. Mein Gegenüber kennt jeden einzelnen Ort entlang der Strecke.
Ich muss unbedingt nach Rabenstein, erfahre ich von meinem Fremdenführer. Denn mitten durch das Freibad im Ort führt der Fluss Pielach, der dem Tal den Namen gibt. „Einzigartig in Österreich“, meint er und gibt mir weitere Tipps auf den Weg.
Das Modellbahnmuseum Mariazellerbahn in Kirchberg ist einen Besuch wert, sei aber momentan wegen Umbauarbeiten geschlossen. Die Nixhöhle in Frankenfels solle ich mir anschauen und durch die Ötschergräben muss sowieso jeder einmal gewandert sein.
Ich schlucke. Ja, eh ein bisserl peinlich, denke ich mir. Ich war in Nordkorea, Costa Rica, Sulawesi, Namibia und in vielen anderen Ländern auf der Erdkugel. Im Pielachtal war ich noch nie. Auch in der berühmten Mariazellerbahn, die von St.Pölten nach Mariazell führt, sitze ich zum ersten Mal. Und doch kommt es mir so vor, als bilden alle Fahrgäste eine gemeinsame große Familie. Der Schmäh rennt, Telefonnummern werden ausgetauscht, Wandertipps werden gegeben, man rutscht zusammen und erzählt sich Anekdoten aus dem Wander-, Radl- und Familienleben.
So ziemlich an jeder Station der Mariazellerbahn könnte ich aussteigen und etwas unternehmen. Der Bildschirm in der Bahn informiert mich über die umliegenden Ausflugsziele.
Himmelstreppe oder Ötscherbär
Ich sitze momentan in der Himmelstreppe. So werden die Niederflurtriebwagen genannt, die seit 2013 die Flotte der Schmalspurbahn bilden. Es gibt aber auch den Nostalgiezug Ötscherbär. Dieser ist jeweils am Samstag von Mai bis Oktober auf der Strecke unterwegs. An wenigen Tagen im Jahr wird sogar eine Dampflok vorgespannt, ein Erlebnis für Eisenbahnfans und solche, die es werden wollen.
Von Mariazell retour nach St.Pölten
Bei der Rückfahrt von Mariazell nach St.Pölten sind kaum Fahrgäste im Zug. Ein paar müde Wanderer dösen vor sich hin. Ich beiße in den berühmten Lebkuchen von der Lebzelterei Pirker, den ich Mariazell erstanden habe. Die Schaffnerin begrüßt die zugestiegenen Fahrgäste. Wie schon bei der Hinfahrt werden Räder verladen. Die Stationen ziehen an uns vorüber, ich mustere die Fahrgäste und schaue in lauter glückliche Gesichter. Danke, Mariazellerbahn!
Informationen zur Mariazellerbahn
Die Mariazellerbahn ist die längste Schmalspurbahn in Österreich. Die Strecke führt 84 Kilometer durch das Pielachtal und das Ötscherreich bis nach Mariazell. Entlang der Bahn gibt es viele Ausflugsziele.
Hier geht es zum Fahrplan
Dieser Beitrag wurde von den TOP Ausflugszielen Niederösterreichs in Auftrag gegeben und gesponsert.
4 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
ich musst letztens beruflich nach gösing und hatte da das vergnügen mit der mariazellerbahn hinzufahren. ich dachte, das wird sicher so eine ganz alte bahngarnitur sein und war dann positiv überrascht, dass es so ein neues modell ist. die landschaft durch die man fährt ist auch einfach wunderschön, so wie man sich österreich halt vorstellt.
Ich war auch überrascht! Aber mit so einer ganz alten Dampflok würde ich auch mal gerne fahren…
Ah, diese Himmelstreppe hab ich leider nicht genutzt, als ich noch in St. Pölten wohnte. Aber so wie du es hier beschreibst, lohnt sich auch schon mal ein Tagesausflug mit dem Zug. Ich kenn zwar schon das Pielachtal ein bisschen, bin da aber immer anders hingefahren. 😉
Das Pielachtal selbst habe ich leider nie geschafft, aber eine Radtour durch das Tal ist sicherlich wunderschön. Ein Tagesausflug von Wien aus nach Mariazell lohnt sich auf jeden Fall, der Aufenthalt dort war kurz und knackig, aber das genügt auch…