Auf Zeitreise im Museumsdorf Niedersulz
Ruhig ist es im Museumsdorf Niedersulz. Das Schulhaus ist verwaist. Kaiser Franz Josef blickt gütig und trotzdem ein bisschen streng auf die schmalen Holzbänke hinab. Wahrscheinlich sind die Kinder gerade johlend nach Hause gelaufen, endlich schulfrei! Die Schiefertafeln haben sie auf den Bänken vergessen, aber was soll man machen, es sind halt Kinder.
Das Wirtshaus im Museumsdorf Niedersulz ist leer
Den Herrn Lehrer treffe ich ebenfalls nicht an. Vielleicht ist er gerade am Weg zur Greißlerei und kauft sich frischen Tabak für seine Pfeife? Seine Frau hat den Tisch schon gedeckt, es gibt Erdäpfelsuppe.
Der Müller von der Hofmühle ist ebenfalls nicht zu Hause. Böse Zungen behaupten, er sitze ständig mit dem Schuhmachermeister im Wirtshaus. Aber warum soll sich der reiche Müller, in dessen Wohnzimmer sogar ein Klavier steht, mit dem armen Schuster zusammensetzen? Das Wirtshaus am Dorfplatz ist übrigens ebenfalls leer. Weder hier noch in der angrenzenden Greißlerei entdecke ich eine Menschenseele.
Überall im Museumsdorf Niedersulz sieht es so aus, als hätten die Handwerker ihr Handwerkszeug gerade weggelegt und für einen Vormittag das Dorf verlassen. Sogar die Tiere haben sie mitgenommen. Keine Taube wohnt im Taubenkogel, die Ziegen- und Hühnerställe sind ebenfalls leer. Erst Richtung Schmalzberg finde ich im lebenden Bauernhof Ziegen, Kaninchen und Schweine.
Im Museumsdorf Niedersulz befinden sich um die 80 Gebäude
Dahlien und Rosen blühen im Vorgarten um die Wette, die Heil- und Kräuterpflanzen finden im Hof Platz und die Selbstversorgergärten sind beim Ausgedinge angesiedelt.
Über den Dorfplatz spaziere ich die Hintausgasse entlang und werfe einen Blick in die Marienkapelle. Daneben liegt der Friedhof, die Gräber sind gepflegt. Der Bibelgarten ist in Form eines Kreuzes angelegt, gleich daneben entdecke ich die Lutherische Kapelle.
Insgesamt befinden sich im größten Freiluftmuseum Niederösterreichs um die 80 Gebäude. Eines nach dem anderen suche ich auf, betrete Stuben, Kapellen, Höfe und Presshäuser. Das Eintauchen in eine andere Epoche macht Spaß, andererseits fühle ich mich wie ein Voyeur der durch Fenster blickt und plötzlich in fremden Küchen und Stuben steht. Es sieht alles so echt aus, so wirklich und real.
Die leeren Suppenschüsseln an den Tischen, das Kaffeegeschirr in den Stuben, das Holz im Kamin, die Bettwäsche in den Kästen, die mir fremden Maschinen in den Werkstätten. Jederzeit könnte jemand eintreten und weiterarbeiten, weiteressen, weiterkochen. Wie viele Personen haben wohl diesen Kochlöffel in der Hand gehalten? Wie viele Schulkinder sind auf den Bänken gesessen? Wie viele Menschen sind über die Türschwelle der Kapelle getreten? Fragen über Fragen. Vielleicht die wichtigste: War früher wirklich alles besser? Beschaulicher? Ruhiger?
Nach über vier Stunden beende ich die Zeitreise. Ich tauche wieder auf aus dem bäuerlichen Alltag des 18.und 19.Jahrhunderts. Das Schinkenbrot im „echten“ Wirtshaus holt mich in die Realität zurück.
Öffnungszeiten, Führungen und Informationen
- Das Museumsdorf hat täglich von 9:30 bis 18:00 geöffnet, letzter Einlass 17:00
- Ab 15.Oktober ist bis 17:00 geöffnet, letzter Einlass 16:00
- Es gibt zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen, aktuelle Infos findet man auf der Homepage
- einmaliger freier Eintritt mit der Niederösterreich Card
- Hunde dürfen an der Leine mit ins Museumsdorf
- Anfahrt Museumsdorf Niedersulz: >>hier klicken<<
Andere Ausflugstipps im Weinviertel:
Diesen Beitrag gaben die TOP Ausflugsziele Niederösterreich in Auftrag.
2 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Ich war schon öfters in Niedersulz, weil ich es so mag. Du hast das Gefühl dort super beschrieben!
Tolle Fotos!