Taschkent – Meine Reise durch Usbekistan beginnt in der Hauptstadt
Es ist früh, so unglaublich früh, als ich in Taschkent aus dem Flugzeug steige. Meine verschlafenen Augen und meine müden Fingern bemühen sich, auf der Armbanduhr die richtige Uhrzeit einzustellen. Drei Stunden Zeitverschiebung, das bedeutet es ist 2 Uhr irgendwas. Ich trotte der Menschenschlange nach.
„Miss Krinzinger?“, ein junger Mann in grauem Anzug hält mir einen weißen A4 Zettel vors Gesicht, darauf steht mein Name. Gemeinsam mit drei anderen Touristen holt er mich aus der Schlange und geleitet mich zur Passkontrolle. Als nächstes bekomme ich zwei Zetteln für die Zollerklärung in die Hand gedrückt. Kaum ausgefüllt, verschwindet mein Helferlein mit diesen Papieren. Vorher zeigt er noch stumm auf das Gepäckband, das sich genau in diesem Moment zu drehen beginnt.
In Taschkent beginnt meine Rundreise durch Usbekistan
Noch vor wenigen Wochen konnte ich mit dem Namen Taschkent nichts anfangen. Die Frage in der Millionenshow „Wie lautet die Hauptstadt von Usbekistan?“ hätte ich nicht beantworten können. Ob ich mich auf den Publikumsjoker verlassen hätte können? Wahrscheinlich nicht. Taschkent ist zu unspektakulär. Kaum ein Tourist würde seinen Fuß in die Dreimillionenstadt setzen, würden hier nicht viele der geführten Rundreisen durch Usbekistan beginnen.
Die legendären Städte der Seidenstraße Chiwa, Buchara und Samarkand stehen auf meinem Besichtigungsprogramm. Mir kommen Kamelkarawanen in den Sinn, Berge von Gewürzen und bunte Seidentücher tauchen vor meinem inneren Auge auf. Vielleicht ist ein Hauch der Geschichte bereits in der Hauptstadt zu spüren?
Laut geplanter Rundreise wäre bereits am Tag meiner Ankunft eine Stadtbesichtigung angesetzt. Um mir genügend Zeit zu geben, bin ich aber einen Tag früher angereist. So habe ich Gelegenheit mich auszuschlafen und die Stadt auf eigene Faust zu erkunden, bevor es die nächsten zwei Wochen unter sachkundiger Begleitung durch das Land geht.
Wo ist das Zentrum von Taschkent?
Mit dem Ausschlafen klappt es nicht wie geplant, der Weckdienst des Hotels holt mich um vier Uhr früh aus den Federn. Zum Glück schlafe ich wieder ein. Mein nächster Blick auf das Mobiltelefon zeigt mir: Pech gehabt, das Frühstück habe ich versäumt.
Zu Fuß starte ich meine Exkursion durch die Stadt, vielleicht entdecke ich das eine oder andere Kaffeehaus? Fündig werde ich 30 Minuten später, als ich auf einem Platz eine Art Salettl entdecke. Mit Händen und Füßen bestelle ich das usbekische Nationalgetränk Grüntee. In usbekischer Sprache heißt er „kok tschai“, diese beiden Wörter werden mich die nächsten Wochen durch das Land begleiten.
Ich trinke Schluck für Schluck aus meiner henkellosen Tasse und betrachte die Umgebung. Das Vermieten von Fahrrädern scheint ein lukratives Geschäft zu sein. In der Fußgängerzone reiht sich ein Fahrradverleih an den anderen, Kinder und Jugendliche betätigen sich mehr oder weniger erfolgreich als Pedalritter. Dazwischen sitzen Künstler mit ihren Staffeleien, auf der anderen Seite zweigt eine Straße ab, die nur aus Bildern zu bestehen scheint. Die Einwohner Tashkents bummeln an den Gemälden vorbei, viele haben eine Tüte Eis in der Hand.
Ich wähne mich im Zentrum der Stadt, doch von einer Altstadt mit schmalen verwinkelten Gassen kann keine Rede sein. Alles ist weitläufig, pompös und riesig. Ein Denkmal von Amir Timur beherrscht den gleichnamigen Platz, Marx und Stalin mußten dem neu geschaffenen Nationalhelden weichen.
Das Reiterstandbild wird umrahmt vom Hotel Usbekistan, einem Prunkstück der Sowjetarchitektur, dem Internationalen Forumspalast und zwei Uhrtürmen, die etwas verloren in der Gegend herumstehen. Zwar huschen die einen oder anderen Usbeken umher, aber wirklich viel los ist hier nicht. Das älteste Gebäude, das ich auf meinem Rundgang entdecke, ist das Alisher-Navoi-Theater, das 1947 fertig gestellt wurde. Es dient als Opernhaus.
Warum gibt es keine richtige Altstadt in Taschkent?
Den Grund, warum es in Taschkent keine richtige Altstadt mehr gibt, erfahre ich am nächsten Tag von Alisher, meinem Guide. Er begleitet mich die nächsten zwei Wochen.
Es war am 26.April 1966, als ein Erdbeben der Stärke 7,5 Taschkent erschütterte. Manche Stadtteile wurden komplett zerstört, über 300.000 Einwohner wurden obdachlos. Die Zerstörung der Stadt nutzten Architekten und Stadtplaner als Chance, die frei gewordenen Flächen schnell wieder aufzubauen. Was Architektenherzen höher schlagen lässt, nennt sich sowjetischer Plattenbau. Mein Herz bleibt von dieser Bauweise unbeeindruckt.
Wir fahren in das Viertel, was als Taschkents Altstadt bezeichnet wird. Es ist ein kleines Areal mit Medresen, Moscheen und Mausoleen. Einige der Gebäude wurden renoviert, manche wurden ganz neu errichtet. Ich erkenne keinen Unterschied, für mich sehen alle alt aus. Aber genauso habe ich mir Usbekistan vorgestellt: prächtige Minarette mit glasierten Kacheln und überall orientalische Muster.
Welche Sehenswürdigkeiten gibt es sonst noch in Taschkent?
Unweit der Altstadt befindet sich der Chorsu-Basar, ein riesiger Markt. Hier verkoste ich zum ersten Mal Non, so heißt das Fladenbrot auf usbekisch. Das Brot kommt frisch aus dem Tonofen und schmeckt ein bisschen säuerlich. Da es noch warm ist, schmeckt es himmlisch. An den Gewürzständen kann ich mich gar nicht satt sehen.
Im ersten Stock der Markthalle sind die Stände mit den getrockneten Früchten untergebracht. Hier werde ich aufgefordert, etwas zu kosten. Ich probiere Mandeln in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Die einen schmecken süß, die anderen eher bitter. Die Auswahl ist riesig. Alisher erklärt mir, dass es keine Fixpreise gibt. Es wird gehandelt, was das Zeug hält. Je mehr man von einem Produkt kauft, um so billiger wird es.
Wie geht es auf den Märkten in Usbekistan zu? Hier mein Video:
httpvh://www.youtube.com/watch?v=IsToDdTH_VU&t=2s
Am Chorsu-Basar gibt es eine Metrostation. Von hier aus fahren wir mit der Metro zum Amir Timur Platz, den ich schon besichtigt habe. Die Metrostationen gehören ebenfalls zu den Sehenswürdigkeiten in Taschkent. Mit den riesigen Glaslustern sehen sie zum Teil aus wie Ballsäle. Fotografieren ist strengstens verboten, pflichtbewusst halte ich mich daran.
Ebenfalls gut gefallen hat mir der Besuch im Museum für Angewandte Kunst. Die Sammlungen sind in einem Haus eines ehemaligen russischen Händlers untergebracht. Ich bekomme einen ersten Eindruck über die vielfältige Handwerkskunst in Usbekistan und freue mich schon auf die kommenden Stationen meiner Rundreise.
Die Rundreise in Usbekistan erfolgte auf Einladung von Reisefieber – Der Asien Spezialist für Asien Reisen.
5 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Tolle Bilder und ein authentischer Eindruck! Ich bin schon gespannt, wie deine Rundreise weiterging …
Liebe Grüße
Angela
Ich bin grad am überlegen: Artikel über den Aralsee oder über Chiwa…
Superdein Beitrag mit den Bildern über Taschkent. Schöne farbenfrohe Bilder.
Ich selbst war in den 80igern mal als Kind in Mittelasien u. a. auch in Taschkent.
Viele Grüße
Sehr interessant zu lesen. Das macht Lust auf mehr! Ich bin zufällig auf Deinen Blog gestoßen, als ich nach Rezepten für usbekisches Pilaw gesucht habe. Schöne Fotos, verlockende Beschreibungen, man fühlt sich an die Hand genommen und fachkundig durch ein fremdes Land geführt. Vielen Dank! Ich werde mir noch andere Reisebeschreibungen von Dir ansehen. 🙂
Danke, sehr informativer Beitrag!