So schmeckt Usbekistan
„Möchten Sie etwas verkosten?“, immer wieder dreht sich Alisher am Markt in Taschkent in Usbekistan nach mir um. Er beugt sich zu einer älteren Marktfrau mit grünem Kopftuch, die Kugeln in den unterschiedlichsten Größen vor sich auf einem kleinen Tischchen aufgeschlichtet hat. Alisher bricht vorsichtig eine der kleinen Kugeln auseinander und reicht mir die Hälfte. Vorsichtig kratze ich mit dem Zeigefinger ein kleines Stück von der weißen Masse ab und schiebe sie mir in den Mund.
Bääääh! Die Kostprobe schmeckt nach saurer Milch, genauer gesagt nach verdorbener saurer Milch! Die Marktfrau lacht über meinen Gesichtsausdruck. Kurut, so heißen die getrockneten Joghurtbällchen, gibt es in vielen verschiedenen Varianten. Mal sind sie weich, mal hart oder steinhart, mal mit Kräutern oder Paprikapulver verfeinert, manchmal variiert auch die Salzmenge, die zur Käsekugel verarbeitet wird. Ich kann auf diese usbekische Delikatesse, die in ganz Zentralasien als Snack angeboten wird, gut und gerne verzichten.
Ein Marktbesuch in Taschkent – Unterwegs am Chorsu Basar
Auf Marktrundgänge kann ich allerdings nie verzichten. Ich bin erst gestern in Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan, angekommen und schon heute bummle ich mit meinem Guide Alisher durch den beliebten Chorsu Basar. Auf dem großen Marktgelände gibt eine eigene Gasse für Obst, daneben eine für Gemüse und in einer weiteren Gasse daneben wird ausnahmslos Kimchi verkauft.
Kimchi? Was macht diese Speise in Usbekistan?
Das koreanische Nationalgericht, die aus fermentierten Chinakohl besteht, kam mit den 500.000 Koreanern ins Land, die Stalin während des Zweiten Weltkriegs nach Zentralasien deportieren ließ.
In einer eigenen Sektion am Chorsu Basar sind die Fleischhauer zu finden. Sie verkaufen Schweine-, Rind- oder Lammfleisch. Alle Fleischsorten werden vor den Augen der Kundinnen und Kunden fachgerecht zerlegt, ordentlich eingepackt und den Käuferinnen und Käufer mitgegeben.
Im ersten Stock der Markthalle werden hauptsächlich Gewürze und getrocknete Früchte verkauft. In der einen Ecke duftet es verführerisch nach Muskat, Nelken und Zimt, in der anderen nach Chili, Kümmel und Koriander. Die Verkäufer strecken mir verschiedene Nüsse, Mandeln und Honigwaben entgegen. Alle Kostproben schmecken fantastisch. Kaufen muss ich trotzdem nichts, beruhigt mich Alisher. Auf den Märkten ist es üblich, dass Besucher zuerst verkosten und erst bei Gefallen beziehungsweise nach Genuss kauft.
In einem separaten Bereich am Außengelände steigt Dampf aus großen Eisenkesseln empor. Das usbekische Nationalgericht Plov blubbert vor sich hin.
Plov – Das usbekische Nationalgericht stellt sich vor
Man nehme Fleisch, Reis, Karotten und Zwiebeln, schnipsle, rühre und würze, und fertig ist das usbekische Nationalgericht. Im persischen Raum kennt man das Gericht unter dem Namen Pilaf. Angeblich wurde es von Alexander dem Großen erfunden. Er suchte nach einem Gericht, das man nur einmal am Tag kochen musste und man zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen servieren konnte.
Ich gebe es zu, die Zutaten zu Plov klingen nicht gerade raffiniert. Laut Auskunft meines Guides schmeckt Plov allerdings überall anders. Je nach Region variiert das Rezept, es wird anders gewürzt und jeder Haushalt schwört auf sein Geheimrezept. Fast so wie bei uns in Österreich mit den Rezepten für Kärntner Kasnudeln, denke ich bei mir.
In den Touristenrestaurants wird auf die Zubereitung mit Hammelfett und Hammelfleisch verzichtet. Auf den Tisch kommt eine magenverträgliche Version. Zusätzlich wird den Touristinnen und Touristen Brot gereicht, das in usbekischer Sprache Non genannt wird.
Non darf bei keinem Essen in Usbekistan fehlen
Den Bäckern in Samarkand wird nachgesagt, das beste Non des Landes zu backen. An den Ausfahrtsstraßen der Stadt steht ein Verkaufsstand neben dem anderen. Unser Fahrer bleibt mit dem Auto stehen und wie auf Kommando lüpfen die Verkäuferinnen die bunten Tücher, die das frische Brot bedecken. Prüfend gleitet sein Blick über die Brotberge, schließlich einigt er sich über den Preis und als Mitbringsel für die Familie landen vier der Brotfladen im Kofferraum unseres Autos.
Warum genau vier Stück?, frage ich Alisher. Das sei Tradition, antwortet er mir. Brot werde nur in gerader Anzahl gekauft. Und überhaupt sind mit dem Brot jede Menge Verhaltensregeln verbunden. Zum Beispiel wird es nicht mit dem Messer geschnitten, sondern mit den Fingern in Stücke gebrochen.
Egal, wo ich die nächsten Tage esse, ob zum Frühstück, zur Suppe oder zum Abendessen, Non wird zu jeder Mahlzeit gereicht. Wie schon beim Plov gibt es regionale Unterschiede. Mal variieren Größe und Gewicht, die Schwere des Teigs und die Dunkelheit der Kruste. Verziert wird Non in der Mitte mit speziellen Brotstempeln, die die Bäcker als Dekoration und auch als Signatur verwenden. Zusätzlich entweicht durch das Stempeln der Dampf, somit bleibt der gestempelte und mittlere Teil der Flade schön knusprig.
Auf der Seidenstraße wandern Rezepte von Osten nach Westen
Samsa erinnert mich an die indische Speise Samosa. Wie Schwalbennester hängen die Teigtaschen im mobilen Tandurofen, dessen Besitzer den Deckel für mich lüftet um meine Neugier zu stillen. Je nach Jahreszeit füllt man die Teigtaschen mit Lammfaschierten, Spinat oder Kürbis.
Die Handelsrouten Zentralasiens brachten die gedämpften Teigtaschen vom Osten in den Westen. In Nepal heißen sie Momos, in China Jiaozi, in Japan Gyoza und hier in Usbekistan Manti. Wie die Samsa füllt man sie mit Kürbis oder Faschierten. Als Beilage wird Joghurt serviert.
Sind die Manti daumengroß, werden sie Tschutschvara genannt und landen als Beilage in der Suppe.
Suppen sind ebenfalls eine sehr beliebte Speise in Usbekistan. Die beliebteste Suppe heißt Shurpa und besteht aus Hammelfleisch und Gemüse. Wie so oft wird Shurpa für Touristen extra gekocht und das fette Hammelfleisch durch Rind- oder Hühnerfleisch ersetzt. Shurpa und Non, diese beiden Speisen bildeten über drei Wochen lang mein günstiges und schmackhaftes Mittagsmahl.
Essen in Usbekistan – Fleisch, Fleisch und nochmals Fleisch
Bei der Auswahl an Restaurants achtet mein Guide Alisher auf Touristentauglichkeit. Das Lokal soll sauber sein und die Speisen für den westlichen Magen verträglich. Wir steuern bei den gemeinsamen Mittagessen selten Lokale an, die auch Usbeken frequentieren. Im Ferganatal, im Osten des Landes, sind weniger Touristen unterwegs. So landen wir einmal in einem typischen usbekischen Shashlik-Restaurant.
Usbekinnen und Usbeken habe es sich auf dem Taptschan gemütlich gemacht. Diese Holzgestelle dienen sowohl als Sitz- wie auch als Schlafstätte. Eigentlich eine praktische Vorrichtung um nach dem Essen gleich ein Schläfchen einlegen zu können, muss man weder den Platz, noch das Lokal wechseln. Diverse Grillspieße brutzeln am Holzofengrill. Die Auswahl an Shashlik ist riesig. Kalb-, Hammel-, Rind- oder Schweinefleisch? Zwiebeln, Tomaten oder Paprika? Für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Was trinkt man in Usbekistan?
Schon nach einem Tag ist mir die Wortkombination „kok tschai“ geläufig. Sie bedeutet Grüner Tee und ist die Bezeichnung für das Nationalgetränk in Usbekistan. Mit den Worten „kara tschai“ bestellt man Schwarztee.
In allen Restaurants gibt es die üblichen ausländischen Erfrischungsgetränke, glasweise serviert man diese nicht. Es werden entweder große oder kleine Flaschen bestellt. Der Umgang mit Alkohol ist in dem muslimisch geprägten Land sehr entspannt. In allen Restaurants steht Bier auf der Getränkekarte und es wird nicht nur von den Touristinnen und Touristen bestellt. Die Biermarke Sarbast wird in Taschkent mit Hilfe der Carlsberg Brauerei gebraut, die Tschechen zeichnen sich für das geschmackvolle Pulsar Bier verantwortlich.
Wodka darf auf einer Reise durch Usbekistan natürlich auch nicht fehlen. Im Gegensatz zu mir trinken die Usbeken den Wodka allerdings während des Essens und nicht so wie ich als Medizin nach dem Essen.
Usbekistan, ein Land für Vegetarier?
Die gute Nachricht: Auch Vegetarier verhungern nicht in Usbekistan. Die schlechte Nachricht: Die Auswahl an fleischlosen Gerichten ist nicht allzu groß. Ein Wort für Vegetarier gibt es in der usbekischen Sprache nicht, das Konzept des fleischlosen Essens ist völlig unbekannt.
Für Vegetarier geeignet sind die mit Kürbis gefüllten Manti oder auch Samsa, Gemüsecremesuppen, Reis, Kartoffeln, Spiegeleier, Salat und Brot. Obst und Nüsse können am Basar eingekauft werden.
Die Reisebegleiter helfen selbstverständlich beim Übersetzen der Speisekarten, damit auch den Vegetariern schmackhaftes usbekisches Essen serviert wird.
Die Reisebloggerin wünscht Guten Appetit!
Die Reise nach Usbekistan erfolgte auf Einladung von Reisefieber – der Asien Spezialist für Asien Reisen.
Insgesamt waren wir zwei Wochen in Usbekistan unterwegs. Die Reiseroute lautete wie folgt: Taschkent, Aralsee, Chiwa, Buchara, Samarkand, Taschkent.
5 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Die Küche Usbekistans ist ja extrem vielseitig! Besonders schön finde ich das Non Brot. Die fahrenden Samsa-Verkaufswagen finde ich auch spannend. Mit dem möchte ich keinen Zusammenstoß haben. 😉
Das wäre dann ein kulinarischer Zusammenstoß..
Sehr schöner Bericht. Danke für den Vegetarierhinweis. Dann kann ich ja getrost nach Usbekistan reisen. Und was veganes wird sich wohl auch finden.
Hab ich extra für Dich recherchiert!
Gut zu wissen, danke. Möchte 2023 hin.