Die Österreichische Nationalbibliothek in Wien

Als ich die Österreichische Nationalbibliothek in Wien besuche und im Prunksaal hinauf auf das Kuppelfresko blicke, kommt mir ein ein Zitat von Jorge Luis Borges in den Sinn:

„Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.“

Ich stelle jetzt einfach mal die Behauptung auf, Borges war irgendwann einmal in seinem Leben in Wien. Er hat sich zum Josefsplatz begeben und ist die Marmortreppen in den ersten Stock emporgestiegen. Borges hat so wie ich vor dem Eintreten in den Prunksaal tief Luft geholt in Erwartung, dass einem die Luft wegbleibt vor so viel Schönheit und Einzigartigkeit.

Er konnte die Augen nicht abwenden von den 200.000 Büchern, die den Saal schmücken. Und dann hat er laut aufgeseufzt und seinen berühmten Satz gemurmelt: „Das Paradies habe ich mir immer als die österreichische Nationalbibliothek vorgestellt.“ Irgendwann im Laufe der Zeit sind dann die beiden Wörter „österreichische“ und „National“ verloren gegangen.

Natürlich ist diese Geschichte komplett erfunden. Vielleicht war Borges einmal in Wien, vielleicht aber auch nicht. Was aber stimmt: Die österreichische Nationalbibliothek in Wien ist ein Paradies sowohl für Bücherliebhaber als auch für Geschichtsinteressierte.

Eine Leiter steht vor vielen Büchern  in der Österreichischen Nationalbibliothek
Die Österreichische Nationalbibliothek in Wien – ein Paradies!
Das Kuppelfresko der Nationalbibliothek
Das Kuppelfresko der Nationalbibliothek
Bücher und Handschriften in der Nationabibliothek
Bücher und Handschriften in der Nationabibliothek
Graf Meinhard II von Görz Tirol
Graf Meinhard II von Görz Tirol

650 Jahre Österreichische Nationalbibliothek – eine Schatzkammer des Wissens

Als Gründungskodex der Bibliothek gilt das Evangeliar des Johannes von Troppau aus dem Jahr 1368. Den Einband dieses Buches schmücken fünf vergoldete Löwenköpfe, die einzelnen Buchseiten sind kostbar illuminiert. Anlässlich des 650-Jährigen Jubiläums hat man als Besucher die Gelegenheit, besonders kostbare Ausstellungsstücke im Original zu betrachten. Als Objekt des Monats ist im Februar eine Papyrusurkunde aus dem 2.Jhdt n. Chr. zu sehen, im April lohnt sich die Betrachtung der Originalhandschrift von Mozarts Requiem und im November ist die Tabula Peutingeriana, eine antike Straßenkarte aus dem 12.Jahrhundert, zu bestaunen.

Musiknoten? Straßenkarten? Papyri? Woher kommen diese Objekte? Und warum wählt man als Gründungskodex ein Buch aus dem Mittelalter, wenn man viel ältere Gegenstände zur Verfügung hat?

Das Evangeliar gilt als Symbol. Es ist die erste Handschrift, die eindeutig den Habsburgern zugeordnet werden konnte. Herzog Albrecht III, für den das Buch angefertigt wurde und der als Buchliebhaber bekannt war, hatte sicherlich noch andere Bücher in seiner Büchersammlung. Durch Erbschaften, Vermählungen und Klosteraufhebungen gelangten im Lauf der Geschichte noch weitere kostbare Handschriften und Inkunabeln in die Hände der Habsburger. Doch die Werke waren in ganz Österreich verstreut.

Evangeliar des Johannes von Troppau - Ein Buch mit reich verzierten Einband
Evangeliar des Johannes von Troppau
Ein altes Buch in der Österreichischen Nationalbibliothek
Ein Buch in der Österreichischen Nationalbibliothek
Eine Wand voller alter Bücher
Nationalbibliothek in Wien
Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek
Handschrift in der Österreichischen Nationalbibliothek

Von der Hofbibliothek zur Nationalbibliothek

Ein Meilenstein in der Geschichte der heutigen Nationalbibliothek (und damaligen Hofbibliothek) war sicherlich die Errichtung des Prunksaals, der im 18.Jahrhundert von Kaiser Karl VI. in Auftrag gegeben wurde. 1730 war der barocke Bibliothekssaal, in dessen Mitte ich heute stehe, fertig. Gesellschaft leistet mir der Erbauer der Bibliothek in Form einer lebensgroßen Marmorstatue.

Sämtliche Handschriften, Landkarten, Globen und Musikhandschriften wurden von nun an hier und in den angrenzenden Kabinetten aufgewahrt. Die Bibliothek hatte fixe Öffnungszeiten und war für die Allgemeinheit geöffnet. Es gab sogar eine Benützungsordnung des Kaisers, die im letzten Absatz besagte: „Der Benützer braucht nichts zu bezahlen, er soll reicher von dannen gehen und öfter wiederkehren“.

Kaiserin Maria Theresia, die Tochter Karl VI., machte Gerhard van Swieten zum Präfekten der Bibliothek. Der Leibarzt der Kaiserin veranlaßte einerseits wissenschaftliche Bucheinkäufe, andererseits leitete er die Bücherzensurkommission. Zahlreiche Werke der französischen Aufklärer fanden keine Gnade vor seinen Augen. Sie wurden fein säuberlich in einen eigenen Katalog eingetragen.

Mit Ende der Monarchie wurde aus der kaiserlichen Hofbibliothek die Nationalbibliothek. Und seit 1945 lautet die offizielle Bezeichnung Österreichische Nationalbibliothek.

Eine Statue von Karl VI im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek
Karl VI im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek
Der Prunksaal mit einem Fresko
Der Prunksaal
Der Katalog der Verbotenen Bücher
Der Katalog der Verbotenen Bücher

Eine Bibliothek – fünf Museumsstandorte

Insgesamt lagern in der Österreichischen Nationalbibliothek mehr als 12,2 Millionen Objekte. Jedes in Österreich erschienenes und hergestelltes Druckwerk landet in der Bibliothek. Die Spatzenpost, die ich als Volksschulkind gelesen habe, könnte ich mir von einem Bibliothekar ebenso ausheben lassen wie die Diplomarbeit meiner Schwester. Eine Archivkopie meiner Webseite ist im Webarchiv abgespeichert.

Digitalisierung spielt eine große Rolle. Gemeinsam mit Google arbeitet man an einem Projekt, das 600.000 gemeinfreie Bücher der Bibliothek digital erfaßt. Für die Daten braucht man bloß genügend Speicherplatz auf riesigen Rechnern, für die restlichen Objekte schaffte man Platz im Tiefspeicher.

Die schönsten Ausstellungsstücke werden im Prunksaal, im Literaturmuseum, im Globenmuseum, im Papyrusmuseum und im Esperantomuseum gezeigt. Im November 2018 kam mit dem Haus der Geschichte ein neues und in meinen Augen wichtiges Museum dazu.

Buchpatinnen und Buchpaten gesucht!

Ich drehe eine letzte Runde durch den Prunksaal und betrachte die Schätze an den Wänden. Ist hier irgendwo das Tagebuch von Ida Pfeiffer versteckt? Das wäre genau das Buch, das ich als Buchpatin auswählen würde. 

Aktion Buchpatenschaft
Aktion Buchpatenschaft

Alle Informationen über die Bibliothek gibt es auf dieser Webseite.

Die Stiftsbibliothek ist St.Gallen gehört ebenfalls zu den schönsten Bibliotheken der Welt:
St.Gallen – Weltkulturerbe und Textilstadt

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2 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Angelika Mandler-Saul am 05/02/2018 um 18:59

    Pfoh, so schöne Bilder – und ich hab fast nur gschaut 🙂

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Miriam blitzt - Miriam Mehlman Fotografie

GUDRUN KRINZINGER

Ich tue. Ich reise. Ich bin.

Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.

Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.

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