Tis Issat – Die Wasserfälle des Blauen Nil – Rundreise Äthiopien
Gimme candy, gimme candy! Fordernd streckt mir das etwa 6-jährige Mädchen ihre schmutzige rechte Hand entgegen. Ein zweites Kind gesellt sich zu dem Mädchen, schon kommt das dritte angerannt. Ich bin mit einem Guide zu den Wasserfällen des Blauen Nil unterwegs und erlebe zum ersten Mal in Äthiopien bettelnde Kinder.
Eine Wanderung zu den Wasserfällen des Blauen Nil
Es gibt zwei Möglichkeiten um die abstürzenden Wassermassen zu beobachten, erklärt mir mein Fahrer Teddy. Entweder man unternimmt einen Fußmarsch von etwa 20 Minuten, hat anschließend dreimal eine schöne Aussicht auf die Fälle und überquert dann mit einem Boot den blauen Nil. Es handelt sich also um einen Art Rundgang, der mit Fotostopps um die zwei Stunden dauert.
Die zweite und kürzere Option ist eine Fahrt mit dem Boot, eine kurze Wanderung zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf die Wasserfälle des Blauen Nil, dann geht man dieselbe Strecke wieder retour und lässt sich wieder mit dem Boot über den Nil tragen.
Ich entscheide mich für die längere Besichtigungsvariante. Ein Guide wird bestellt, ohne ihn hätte ich den Einstieg zu dem Rundgang auch nicht gefunden. Zuerst geht es ein Stück bergab, bis wir eine Steinbrücke überqueren, die Anfang des 17.Jahrhunderts von den Portugiesen erbaut wurde. Die Brücke teile ich mir mit einer Eselherde.
Kaum bin ich am anderen Ufer angekommen, stürzen bettelnde Kinder aus einem kleinen Dorf auf mich zu. Zu meinem Glück befindet sich eine größere Gruppe von Touristen direkt hinter mir und ich werde alsbald als uninteressant abgetan.
Nach weiteren 10 Minuten Fußmarsch, höre ich das Getöse von Wasser.
Und so schaut er aus, mein erster Blick auf die Wasserfälle des Blauen Nil:
Zugegeben, im Vergleich zu den Viktoriafällen, die ich letztes Jahr im Juni besucht habe (hier geht es zum Video), wirkt dieser Wasserfall schmächtig. Doch Tis Issat, was übersetzt „Rauchendes Wasser“ bedeutet, ist der zweitgrößte Wasserfall in Afrika. Jetzt im Februar ist Trockenzeit, der Wasserfall führt weniger Wasser als sonst und hat auch bedingt durch ein Wasserkraftwerk sein imposantes Ausmaß verloren. Trotzdem genieße ich den Anblick.
Um den Fällen noch näher zu kommen, überquere ich eine Hängebrücke, die 2011 errichtet wurde. Sie verkürzt den Bauern den Weg zum Markt. Die Esel sind über die neueste Errungenschaft weniger erfreut und nur mit energischem Geschiebe gelingt es ihren Begleitern, sie über die schwankende Brücke zu zerren.
Nach wenigen Minuten bin ich beim zweiten Aussichtspunkt angekommen. Das Wasser donnert in die Schlucht, von hier aus sind es grob geschätzt um die 1400 km bis zum Mittelmeer. Ich steige zu den Fällen hinab, schon umgibt mich ein feiner Sprühnebel.
Nach der willkommenen Abkühlung wandern wir weiter flussaufwärts zur Bootsanlegestelle. Ein letzter Blick zurück, ein letztes Foto vom Blauen Nil. Am Parkplatz dann ein letztes Mal ein bettelndes Kind. Doch statt „gimme candy“ ertönt „water please“, einem Wunsch, dem ich gerne nachkomme.
Infos und Reisetipps:
- Die Wasserfälle des Blauen Nil sind von der Stadt Bahir Dar aus mit dem Auto in 45 Minuten zu erreichen.
- Das Ticketbüro liegt im Dorf Tis Abay.
- Ein Führer ist obligatorisch und kostet extra.
- Ebenfalls mit einplanen muss man die Kosten für die Bootsfahrt.
- Bei einer gebuchten Rundreise sind diese Kosten bereits im Preis der Reise inkludiert.
- Nicht vergessen: Sonnencreme, Sonnenhut und genügend Wasser für die Wanderung.
Der Flug nach Äthiopien erfolgte auf Einladung von Ethiopian Airlines.
GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.