Auf den Spuren von Egon Schiele in Tulln
Egon Schiele – ein Name, der in der Welt der Kunstgeschichte für Aufsehen und Faszination sorgt. Seine expressionistischen Werke, geprägt von intensiven Farben und provokativer Darstellung, spiegeln die emotionale Tiefe und die Widersprüche seiner Zeit wider. Umso mehr reizte es mich, auf den Spuren dieses Ausnahmekünstlers in seine Geburtsstadt Tulln einzutauchen.
Egon Schiele privat – Im Egon Schiele Museum in Tulln
Man hätte einfach Bilder von Schiele an die Wand klatschen können. Wahrscheinlich hätte man damit der Allgemeinheit Genüge getan. Glücklicherweise haben sich die Kuratoren im Egon Schiele Museum in Tulln für eine andere und sehr viel spannendere Variante der Kunstvermittlung entschieden.
Alessandra Comini sitzt auf einem Sessel im Eingangsbereich des Museums und lächelt vergnügt in die Runde. Der 84-Jährigen ist es zu verdanken, dass es Tonband-Interviews von Schieles Schwestern Melanie und Gerti gibt. Anhand dieser Aufnahmen und zusätzlicher Visualisierungen wird auf Bildschirmen im ersten Stock des ehemaligen Gefängnisses Tulln das Leben von Egon Schiele lebendig.
Sechs Stationen, ein Lebensweg
Insgesamt wurden so sechs Stationen geschaffen, die den Lebensweg des Künstlers nachzeichnen. Da geht es um scheinbar Banales, zum Beispiel wie Klein-Egon die Hennen im hauseigenen Hühnerstall benannte. Es geht aber auch um unheimlich Wichtiges, zum Beispiel als der junge Schiele den damals sehr erfolgreichen Gustav Klimt um eine Einschätzung seines künstlerischen Talents bat.
„Habe ich Talent?“, lautete die Frage. „Viel zu viel“, soll dieser gebrummt haben.
Um die sieben Minuten dauert eine einzelne Episode aus Schieles Leben, die in Tulln, Klosterneuburg, Neulengbach, Krems, Mühling und Wien spielen. Zusätzlich gibt es im Erdgeschoss des Egon Schiele Museum einen einzelnen Raum, indem anhand von Grafiken und Gemälden einzelne Lebensabschnitte dargestellt werden.
Der Egon Schiele Weg
Noch mehr Informationen über Egon Schiele erfährt man an den 13 Stationen, die einen Rundweg durch Tulln bilden. Im Vordergrund stehen die Erlebnisse von Egon Schiele als Kind. Mehr als ein Drittel seines Lebens hat er hier in Tulln verbracht, bevor er mit 28 Jahren in Wien an der Spanischen Grippe verstarb.
Wo ist er zu Schule gegangen? Hat er die zwei Hochwasserkatastrophen miterlebt? Und warum war er auf dem Kirchplatz so gut wie nie anzutreffen?
Das sind einige Fragen, die mir beantwortet werden. Zusätzlich erhalte ich anhand von Schwarz-weiß Bildern einen interessanten Einblick in die Geschichte Tullns an der Wende zum 20.Jahrhundert.
Das Geburtshaus des Künstlers
Nur wenige Gehminuten vom Museum entfernt befindet sich das Geburtshaus von Egon Schiele. In diesem unscheinbaren Haus am Bahnhof verbrachte der Künstler seine Kindheit und Jugend.
Heute ist das Geburtshaus ein Museum, das die Lebenswelt der Familie Schiele und die prägenden Einflüsse auf den jungen Egon beleuchtet. Anhand von Fotos, Dokumenten und interaktiven Elementen kann man nachvollziehen, wie der Ort und die Zeit seine Entwicklung als Künstler beeinflussten.
„Am 12.Juni 1890 hat mir der liebe Gott endlich einen Sohn geschenkt. Um sechs Uhr früh hat er das Licht der Welt erblickt. Egon, so sein Name, ist ein liebes, starkes Kind. Gott erhalte ihn uns. Er wachse und gedeihe.“
Die 120 Quadratmeter große Dienstwohnung mag großzügig anmuten, doch immerhin ist der Vater von Egon Schiele Bahnhofsvorstand. Er hat vierzig Bedienstete unter sich. Mit dem Bahnhof liegt dem kleinen Egon der schönste Spielplatz der Welt zu Füßen. Und was macht er? Er zeichnet Lokomotiven, Eisenbahnzüge und Signalanlagen. Doch weil Egon auch unter der Schulbank heimlich zeichnet und skizziert, leiden die Schulnoten unter seine Begabung. Was den Vater in einem Wutausbruch dazu bringt, diese Skizzen im Ofen zu verbrennen.
Mein Fazit: Der Besuch des Egon Schiele Museums und des Geburtshauses in Tulln war für mich ein spannendes Erlebnis. Ich habe nicht nur einen Einblick in das Leben und Werk dieses bedeutenden Künstlers erhalten, sondern auch einen Zugang zu seinen Emotionen und seiner inneren Welt bekommen.
Tipp: Für alle Kunstliebhaber und jene, die sich für die Geschichte des Expressionismus interessieren, ist ein Besuch in Tulln ein absolutes Muss!
Informationen zu Egon Schiele in Tulln
Alle weiteren Informationen zu Egon Schiele in Tulln (inklusive Öffnungszeiten der Museen) findet ihr auf den jeweiligen Webseiten:
Offenlegung: Ich wurde von der Presseabteilung eingeladen und durfte die neu gestaltete Ausstellung sowohl im Geburtshaus und als auch im Museum besichtigen.
5 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Eine beeindruckende Art und Weise, wie ein Museum heutzutage auch sein kann, wenn man sich traut, ein wenig hinter die Kulissen eines „Stars“ direkt in sein Privatleben zu sehen. Ein super Artikel außerdem – danke, Gudrun!
Danke schön!
Tolles Museum. Schön, dass es moderner und multimedial gestaltet ist. So wird einem die Kunst noch näher gebracht!
Oh, da will ich schon ewig hin. Jetzt noch mehr ;-).
Mir ging es genauso. Ich habe wirklich Jahre davon gesprochen und endlich hat es geklappt. Wobei es von Wien wirklich ein Katzensprung nach Tulln ist.