Basel – Die Museumsstadt
„Und jetzt tauchen Sie das Schöpfsieb in den Papierbrei. Halten Sie es schräg und ziehen Sie es durch die Papiermasse auf sich zu. Ja, ganz genau so!“ Die Anweisungen des Mitarbeiters in der Papiermühle in Basel sind so präzise, dass ich eigentlich gar nichts falsch machen kann.
In meinen nassen Händen halte ich einen Holzrahmen, auf dem Drahtgeflecht hat sich die Papiermasse zu einer weißen Fläche verbunden. Noch sieht es nicht aus wie ein Bogen Papier, eher wie ein flaumiger Schaum. Ich widerstehe der Versuchung meinen Finger in die Masse zu drücken.
Ich kippe den Rahmen, das Wasser rinnt ab, der Papierbrei verdichtet sich. Mein freundlicher Helfer entfernt einen Holzteil, dann kippe ich Sieb samt Papiermasse auf den Gautschfilz.
Mein so entstandener Bogen Papier landet in einer Bügelmaschine und in weniger als zwei Minuten halte ich mein selbstgeschöpftes Papier in der Hand. Ich halte es gegen das Licht, klar zu sehen ist das Wasserzeichen.
Die Basler Papiermühle – Das Museum über Papier, Buchdruck und Buchbinderei
Als Museumsliebhaberin habe ich im Museum in Basel die Qual der Wahl. Die Fondation Beyeler und das Kunsthaus Basel stehen selbstverständlich am Besichtigungsprogramm. Doch welches der vielen anderen Museen soll ich noch besichtigen?
Die Autoren des Reiseführers, den ich einen Tag vor meiner Reise nach Basel gekauft habe, schwärmen von der Basler Papiermühle. Hier könne man nicht nur Wissenswertes zur Papierherstellung erfahren, sondern dürfe auch selbst mit Hand anlegen. Das klingt nach einem Museum nach meinem Geschmack.
Drei Tage später stehe ich dann im Museum und tauche meine Hände in den Papierbrei ein und schöpfe einen Bogen Papier. Nach der Besichtigung des Lumpenkellers und den Schauvitrinen zum Thema Papiergeschichte gelange ich in den ersten Stock.
Hier tauche ich einen Gänsekiel ins Tintenfass und versuche meinen Namen zu schreiben. Jetzt weiß ich auch, woher das Wort „Kritzeln“ stammt! Kein einziger meiner Buchstabe lässt sich entziffern.
Die Arbeit in der Besucherdruckerei gelingt mir wesentlich besser.
Aus dem Setzkasten suche ich mir die Lettern zusammen, die meinen Namen bilden. Hilfreiche Hände greifen ein und schwupp-di-wupp, schon halte ich einen weiteren Papierbogen zwischen meinen Fingern. Diesmal ziert ein Bild der Basler Papiermühle den Bogen und mein Name prangt darunter. Damit das Kunstwerk komplett wird, darf ich den Bogen in die Prägemaschine einspannen. Ein kräftiger Hebeldruck und eine Sonne schmückt das Meisterwerk.
Dazwischen betrachte ich kostbare Bücher in den Vitrinen und schnuppere Druckerfarbe. Zwar ist die Papiermühle hauptsächlich ein Museum, doch wer edles Papier sucht, Prägungen anfertigen lassen möchte oder einzigartige Visitenkarten braucht, ist in der Papiermühle ebenfalls an der richtigen Adresse. Der Museumsshop ist überhaupt eine Schatzkammer für Liebhaber von edlem Papier. Kein Wunder, dass die Basler Papiermühle mein Herz erobert und ich es als schönstes Museum in Basel bezeichne!
Zur Webseite: Basler Papiermühle
An zweiter Stelle landet das Museum der Kulturen, und zwar ungeplant.
Das Museum der Kulturen in Basel
Denn ursprünglich wollte ich auf den Basler Münster. Doch nachdem man als Einzelperson die 242 Stufen nicht alleine in Angriff nehmen kann, sondern nur zu zweit Höhenluft schnuppern darf, ändere ich mein Besuchsprogramm. Ich lande spontan in einem anderen Museum in Basel: im Museum der Kulturen. Zum Glück, kann ich nur sagen. Nach dem Museumsbesuch ist ein Land auf meiner Bucketliste ganz nach oben gerutscht.
Es handelt sich um Papua-Neuguinea.
Sowohl in der Dauerausstellung als auch in den Sonderausstellungen sind besondere Objekte dieser Kultur integriert. Ein besonderes Ausstellungsstück ist das Kulthaus der Abelam, die im Norden Papua-Neuguineas leben. Dieses Haus gilt als Versammlungsort für eingeweihte Männer, wichtige Zeremonien werden hier abgehalten. Die Fassade des Ausstellungsstücks ist über 16 Meter hoch und perfekt in den Museumsbau integriert.
Besonders gut gefällt mir die Zusammenstellung der Ausstellungsstücke zu den verschiedenen Themenausstellungen. In der Sonderausstellung „Sonne, Mond und Sterne“ widmet man sich den Gestirnen. Welche Kulturen verehren die Sonne? Aber ist zuviel Sonneneinstrahlung nicht auch gefährlich? Die Ausstellung zeigt Sonnenbrillen aus den unterschiedlichen Kulturen. Das ist natürlich nur ein kleiner Aspekt einer großartigen Ausstellung.
Spannend finde ich die Dauerausstellung GROSS – Dinge Deutungen Dimensionen. Größe ist eben relativ und ein Lineal in Zentimeterangaben nicht das Maß aller Dinge.
Ebenfalls begeistert bin ich von der Sonderausstellung „Das Geheimnis – Wer was wissen darf“. Diese Ausstellung erzählt unter anderem von Geheimrezepten wie der Herstellung von Käse, Glas und Seide und führt über die Geschichte von Geheimbünden wie zum Beispiel den Freimaurern bis zu den Aufdeckern von Geheimnissen, den sogenannten Whistleblowern. Auch hier wird der Bogen über viele verschiedene Kulturen gespannt.
Zusätzlich ist im Museum der Kulturen eine Ausstellung zur Basler Fasnacht untergebracht. Und die macht mir so richtig Lust, dieses Spektakel (vielleicht schon nächstes Jahr?) live zu erleben.
Zur Webseite: Museum der Kulturen
Die Fondation Beyeler
Wenn sich Claude Monets Seerosen im Seerosenteich widerspiegeln, wenn Alberto Giacometti und Francis Bacon eine Art Zwiegespräch führen und der brasilianische Künstler Ernesto Neto seine Fäden spinnt, steht man staunend im Museumsgebäude der Fondation Beyeler.
Dabei ist schon das Gebäude selbst ein Kunstwerk. Erbaut wurde es vom Architekten Renzo Piano, der es perfekt schaffte, Architektur mit Natur und Kunst zu verbinden. Prinzipiell muß man gar nicht ins Museum hineingehen, man kann sich auch auf die Sitzsteine setzen und die Gemälde von außen betrachten.
Die Kuratoren des Museums können für die Ausstellungen aus dem Vollen schöpfen. Insgesamt stehen ihnen um die 300 Bilder und Skulpturen zur Verfügung, die das Ehepaar Beyeler in 50 Jahren Sammlertätigkeit zusammen getragen haben. Dabei konzentrierten sie sich auf Werke der klassischen Moderne.
Museumsbesucher dürfen sich im September 2018 auf eine Balthus Ausstellung freuen, ab Februar 2019 werden Picassos Frühwerke gezeigt.
Zur Webseite: Fondation Beyeler
Im Kunstmuseum Basel
Zum Thema Picasso kann das Kunstmuseum in Basel Geschichten erzählen. Und was für welche! Am 20. April 1967 stürzte in Nikosia eine Maschine der Schweizer Fluggesellschaft Globe Air ab. Das unternehmen kam in finanzielle Schwierigkeiten, Hauptaktionär Peter A. Staechlin musste für die Forderungen übernehmen.
Barvermögen war keines mehr vorhanden, aber die millionenschweren Bilder der Familiensammlung hingen als Stiftung im Kunstmuseum Basel. Es gab eine einzige Auflage: Die Bilder sollten niemals verkauft werden, außer ein Familienmitglied befände sich in finanzieller Not. Dieser Umstand war plötzlich eingetroffen. Peter A. Staechlin verkaufte ein Bild von Van Gogh nach Amerika, zwei weitere Bilder Picassos sollten folgen.
Basel war in Aufruhr!
Der Kaufpreis für beide Bilder betrug 8,4 Millionen Franken. Nach einer Volksabstimmung bewilligte der Kanton 6 Millionen Schweizer Franken für den Ankauf der Bilder, der Rest wurde durch Spenden der Bevölkerung gesammelt.
Und was tat Picasso? Er war über diese Geste der Baseler so gerührt, dass er dem Museum drei weitere Bilder und eine Skizze schenkte.
Zur Webseite: Kunstmuseum Basel
Kunst im öffentlichen Raum in der Museumsstadt Basel
Will ich nach den zwei Kunstmuseen noch mehr Kunst sehen? Ich könnte noch zum Tinguely Museum spazieren. Oder doch lieber ins Cartoonmuseum?
Doch eigentlich ist es mit der Kunst und mit Basel ganz leicht: Es genügt mit offenen Augen durch die Stadt zu schlendern. Kunst gibt es hier nämlich an jeder Straßenecke.
Die Kunst- und Kulturreise nach Basel erfolgte auf Einladung von Basel Tourismus.
Ich war schon mehrmals in der Schweiz unterwegs.
Folge mir kulinarisch von St.Gallen bis Chur, verliebe Dich in die Schweizer Schokolade und mache einen Urlaub im Val Müstair.
3 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Cooler Blogeintrag; macht echt Lust auf „mehr“! 😉
Ich komme gerne wieder!
Was für tolle Museen.
Die Papiermühle ist genau nach meinem Geschmack. Da könnte ich wohl Stunden verbringen.
Danke für deinen Beitrag zu meiner Blogparade.
Liebe Grüße
Liane