Urlaub auf der Alm
[Werbung] Kaum kommt die Wallmanhütte im Salzburger Tennengau in mein Blickfeld, prasseln Erinnerungen aus meiner Kindheit auf mich ein.
Jedes Jahr im Sommer verbrachten meine Familie und ich in den Ferien mindestens eine Woche auf einer Almhütte im Salzkammergut. Da wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisten, schleppten wir die Lebensmittel in unseren Rucksäcken zur Hütte. Strom gab es keinen, der Kachelofen mit Kochplatte fungierte als Herd und diente zusätzlich als Wärmespender. Lebensmittel, die gekühlt werden mussten, landeten in großen Milchkannen und wurden im Bach versenkt. Abends nutzten wir Petroleumlampen als Lichtquelle im Haus, den Weg zum zehn Meter entfernten Plumpsklo legten wir mit Taschenlampen zurück. Geschlafen wurde im Matratzenlager, nur die Eltern leisteten sich den Luxus und nächtigten im einzigen Doppelzimmer der Alm.
Woran ich mich noch erinnere? An den Blitzschlag in den Teich neben der Alm, der die Stube kurzfristig in ein mystisches, blaues Licht tauchte. An eine freche Katze, die aus dem Gebüsch sprang und uns beim Grillen am Lagerfeuer eine Knackwurst raubte. Die anschließende Verfolgungsjagd verlief übrigens zwecklos. Ich erinnere mich an die schiefen Töne der Mundharmonika, die Sprüche im Hüttenbuch und den Geruch des Petroleums. An das Geräusch des Regens, der energisch auf das Dach trommelte, an das Knistern des Feuers, und an das Pferd, das eines Morgens plötzlich auf der Weide stand und zu uns herüber starrte. Wir starrten zurück.
Ferien auf der Alm – lieber offline als online
Ich denke oft an die Ferien auf der Alm zurück. Sicher, ich war noch ein Kind, den Ausdruck Stress kannte ich noch nicht. Wir streichelten Schafe und Katzen, keine Mobiltelefone. Wir hatten keine weitreichenden Pläne für den Urlaub, wir planten höchstens eine Wanderung für den nächsten Tag. Das gelang uns mit einer altmodischen Wanderkarte und den Wegmarkierungen, GPS und Google Maps waren uns fremd. Auch Social Media gab es noch nicht.
Sozial waren wir trotzdem. Kamen Wanderer an der Almhütte vorbei, redeten wir mit ihnen. Wir knüpften echte Freundschaften und keine virtuellen.
In den letzten Monaten sehne ich mich nach dieser Zeit ohne Handy zurück. Mein Motto für meinen Urlaub auf der Alm im September 2018 lautet also: Mehr offline statt online. (Und ich bin trotzdem leicht beunruhigt, als ich auf Nachfrage erfahre, dass es kaum Internetempfang auf der Wallmanhütte gibt.)
Urlaub auf der Alm im Salzburger Tennengau
Um die Wallmanhütte im Salzburger Tennengau mit dem Auto zu erreichen, brauchen wir einen elektronischen Schrankenschlüssel. Diesen bekommen wir von Andreas, der gemeinsam mit seiner Frau Christine den Wallmannhof bewirtschaftet. Zu diesem Hof gehört auch ein Anteil der Spielberg Alm, auf dem die Wallmannhütte steht. Auf dem Bio-Bauernhof werden vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen gezüchtet, wie die Sulmtaler Hühner und das Pinzgauer Rind.
Der riesige Kräutergarten vor dem Haus weist schon auf die weitere Leidenschaft Christines hin. Hier wachsen über 60 verschiedene Kräuterarten, die von der ausgebildeten TEH-Praktikerin zu Räucherwerk, Likör, Essig, Salz und vielen anderen Produkten verarbeitet werden.
Kurve um Kurve schraubt sich unser Wagen über die Serpentinen zur Selbstversorgerhütte empor, die auf 1270 Meter Seehöhe mitten im Alm- und Skigebiet liegt. Dort oben wollen wir auf Christine treffen. Ein bisschen müssen wir uns aber gedulden: Sie hat kurzfristig einen Termin mit einem Fotografen bekommen und lächelt vielleicht schon im November vom Titelblatt eines bekannten österreichischen Magazins.
Auf dem schmalen Weg kommen uns zwei Autos entgegen, im vorderen sitzt Christine. „Mah, auf der Hüttn schauts jetzt owa aus“, lacht sie durch das Autofenster. Für den Fototermin habe sie allerhand vorbereiten müssen, laut ihrer Aussage kugeln die Kräuter jetzt im ganzen Haus herum. Aber wir sollen uns wie zuhause fühlen, so Christine im Vorbeifahren, sie komme später noch mal vorbei.
Die Wallmanhütte im Salzburger Tennengau
Neugierig drehe ich den Schlüssel im Türschloss um und öffne die hölzerne Tür, die geradewegs ins Vorhaus der Wallmannhütte führt. Geradeaus geht es weiter ins Badezimmer, rechts ist die Küche samt Stube, links führt eine Treppe in den ersten Stock. Hier sind vier Schlafräume untergebracht, drei davon mit Doppelbett und Stockbett, ein kleineres Zimmer verfügt über zwei Einzelbetten.
Am gemütlichsten ist es in der Wohnküche. Ein schneller Blick in die Runde, ja, es gibt Strom, aber nein, es gibt weder E- noch Gasherd. Zum Kochen oder Backen muss der Tischherd mit Holz befeuert werden. Und Christine kennt ihre Pappenheimer aus der Stadt – in der Ofenlade sind praktische Grillanzünder vorbereitet.
Im Erdgeschoß gibt es noch einen weiteren Raum, wo das Holz zum Heizen aufbewahrt wird, ein zweites Badezimmer und eine große Sauna mit Ruheraum und Schwedenofen. Luxus pur!
Es riecht alt und neu zugleich und über allem schwebt ein zarter Duft von Kräutern. Diverse Essenzen befinden sich in großen Gläsern. Ich lese auf einem Etikett von Rosenblüten, Rosengeranien, Vanille und Apfelessig und auf einem anderen von Brombeeren, Orangenminze, Lavendel und Honig. Kräuter- und Blütenauszüge, die Christine früher oder später in Flaschen umfüllen und im hauseigenen Hofladen oder auf der Schranne in Salzburg verkaufen wird.
Im Gespräch mit Christine Schnaitmann, Bio Bäuerin und TEH-Praktikerin
Während ich es mir auf der Bank vor dem Haus gemütlich mache, taucht Christine auf der Alm auf. Im Schlepptau befinden sich zwei Hunde, die es sich sogleich im Schatten unter einer Bank bequem machen.
Die sympathische Bäuerin serviert mir selbstgemachten Brombeersaft, beißt in einen Apfel und beantwortet meine Fragen. Während dem Gespräch kommen wir vom Hundertsten ins Tausendste. Der Klimawandel und der fehlende Schnee in den Wintermonaten spielen ebenso eine Rolle wie ihre Ausbildung zur TEH-Praktikerin im Jahr 2014. Sie ist von der Vielfältigkeit der Kräuter beeindruckt, vom Räucherwerk-Erzeugen bis zum Seifensieden sei alles möglich.
In erster Linie wollen Christine und ihr Mann Selbstversorger sein. Die qualitativ hochwertigen Lebensmittel, die sie produzieren, wollen sie guten Gewissens auch weitergeben können. Neben den schon genannten Kräuterprodukten verkaufen sie Rindfleisch. Hühner und Puten werden für den Eigenverbrauch gehalten. Das einzige was Christine am eigenen Bauernhof vermisst, ist Milch. Doch die von ihnen praktizierte Mutterkuhhaltung verträgt sich nicht mit der Milchwirtschaft. So holt sie die Milch vom Nachbarn und macht daraus Joghurt, Topfen und Frischkäse.
Die Frage, welchen Beitrag Bauern für die Wirtschaft und für die Gesellschaft in Österreich leisten, kostet sie einen Lacher. Christine sieht ihren Betrieb primär nicht als Leistungserbringer für die Wirtschaft. Die Kühe würden auf die Alm gegeben, damit die Kulturlandschaft erhalten bleibt und mit der Vermietung der Hütte trage die Familie zum Tourismus bei.
Dass es kritische Stimmen gegenüber der Landwirtschaft gibt, findet Christine gut. Denn ohne Kritik verändere sich nichts. Sie prangert vielmehr selbst etwas an: Dass Bauern häufig Unmengen an Lebensmitteln produzieren und nicht mehr wissen, wohin mit dem Überschuss. Christines Meinung nach darf Landwirtschaft nicht zu einem Industriebetrieb werden – mit Natur habe das nichts mehr zu tun.
Wir l(i)eben bio – Landwirtschaft leben und erleben
Landwirtschaft leben und erleben sind die Werte, die sie an ihre beiden Kinder weitergibt. Trotzdem sieht sie das nicht als Dogma, ihre Kinder sollen sich wohlfühlen und nicht etwas weiterführen müssen, dass ihre Eltern aufgebaut haben.
Ob für die Familie auch eine alternative Lebensweise infrage kommen würde, traue ich mich fast gar nicht zu fragen. Denn Christine wirkt so zufrieden, während sie mir aus ihrem Leben erzählt. Am meisten schätzt sie die Freiheit selbst zu entscheiden, was sie tut. Dass sie sich ihre Kunden aussuchen kann, sieht sie ebenfalls als Vorteil.
Ein Thema, über das sie unbedingt sprechen möchte, ist das Verhalten von Wanderern auf der Alm. Da vielen Leuten mittlerweile der Bezug zu Tieren fehle, sei eine frühzeitige Aufklärung und Information wichtig. Den Wanderern ein Prospekt mit Ratschlägen in die Hand zu drücken, findet sie viel zuwenig.
Meine abschließende Frage dreht sich um das Thema Essen. Kann sie mir ein Rezept aus dem SalzburgerLand empfehlen? Am liebsten isst sie Fleischkrapfen, erklärt Christine, und liefert mir gleich das Rezept in Kurzform dazu: Blattlteig, in die Mitte kommen fein geschnittenes Fleisch und Wurst, würzen, zusammenklappen und in Fett herausbacken. Serviert wird die Köstlichkeit mit Sauerkraut. Und da die Speisenzubereitung viel Arbeit bedeutet, isst sie die Fleischkrapfen am liebsten auf der Karalm. Die Almausschank liegt zu meinem Glück nur wenige Schritte von der Wallmannhütte entfernt.
Abschließend wünscht mir Christine noch einen schönen Aufenthalt, die Hunde hüpfen zu ihr ins Auto und schon sind alle weg.
Zurück bleibt eine hungrige Gudrun, die zur Karalm marschiert um sich Fleischkrapfen zu bestellen.
Essen und Trinken auf der Alm – Salzburg schmeckt
Wir haben Glück mit der Lage unserer Hütte, denn gleich drei bewirtschaftete Almen befinden sich in unmittelbarer Nähe. Bewirtschaftet bedeutet für uns, dass wir in der Wallmanhütte nicht groß aufkochen müssen, sondern die typischen Almspeisen andernorts verkosten dürfen.
Die Karalm wird bald zu unserer Lieblingshütte, denn erstens liegt sie wirklich fast vor unserer Haustür und zweitens setzen die Gastgeber auf hochwertige Produkte aus der eigenen Bio-Landwirtschaft. Das Bauernbrot und die Mehlspeisen werden auf der Alm frisch zubereitet, Holler-, Apfel- und Melissensaft stammen ebenfalls vom eigenen Betrieb. Auf Fertigprodukte wird bewußt verzichtet. Das bedeutet, dass die Speisekarte zwar nicht riesig ist, dafür schmecken die angebotenen Gerichte umso besser.
Auf dieser Alm verkoste ich die von Christine empfohlenen Fleischkrapfen. Hüttenwirt Hannes verrät uns, dass die Krapfen auch das Lieblingsgericht seiner Tochter sind. Sie sitzt am Nebentisch und schaufelt die Fleischkrapfen mit ähnlicher Begeisterung in sich hinein wie ich einige Minuten später. Meine Begleitung schwärmt von der Brettljause, dazu trinken wir selbstgemachten Hollersaft.
Am nächsten Tag kehren wir am Nachmittag wieder und bestellen Zottelkrapfen. Von dieser Mehlspeise habe ich vorher noch nie gehört. Zottelkrapfen sind normale Bauernkrapfen. Sie werden in geschlagene Eier eingetaucht und nochmals in Fett herausgebacken. Meine Variante ist mit Hollermarmelade verfeinert.
Auf der Latschenalm hat man sich auf Gerichte vom Lamm spezialisiert. Auf der Speisekarte stehen je nach Saison Lammbraten, Lammragout oder Lammkotelett. Nachdem wir schon am frühen Vormittag auf der Latschenalm eintreffen, begnüge ich mich mit einem Speckbrot.
Die Spielbergalm ist im Winter eine beliebte Skihütte, bietet im Sommer eine Einkehr für Wanderer und serviert die typischen Hüttenschmankerl wie Kaspressknödelsuppe und Kasnockn.
Urlaub auf der Alm – Ferien auf einer Selbstversorgerhütte
Aufgrund der großen Speisenauswahl der umliegenden Hütten beschränkten wir unsere Kochkünste in der Wallmanhütte auf das Zubereiten des morgendlichen Frühstücks und auf das Anheizen des Lagerfeuers am Abend.
Mit den von Christine zur Verfügung gestellten Kräutersalzen schmeckten die Speisen nicht nur besser, sie sahen auch besser aus. Ich spreche unter anderem vom Rote-Salz-Kräutersalz, das bringt so richtig Farbe ins Essen.
Die Zeit ohne Handy habe ich genossen. Ich füllte die Stunden mit Lesen, Stricken, Essen und Spazierengehen aus.
Woran ich mich immer erinnern werde? An das Wiesel, das vor der Hütte eine Maus erbeutete. Und an den Mäusebussard, der dieses Bravourstück mit Argusaugen verfolgte. Er versuchte zwar noch, dem Wiesel die Beute abspenstig zu machen, was ihm aber nicht gelang. Beleidigt flog er davon.
Ich erinnere mich an das Knacken der Holzscheite im Lagerfeuer, an die beiden Wanderer, die mit Stirnlampen durch die Nacht marschierten und nach dem Weg fragten und an das Wetterleuchten wenige Stunden später. Ein Gewitter zog über uns hinweg.
Und auf immer und ewig werde ich mich an diesen grandiosen Sternenhimmel erinnern, der mir eine Sternschnuppe schenkte.
Dieser Artikel entstand in Kooperation mit Urlaub am Bauernhof Salzburger Land.
Die Zahl der Urlauber, die ihren Urlaub auf einem Bauernhof verbringen möchte, steigt von Jahr zu Jahr. Klassisch ist der Aufenthalt mit Kindern auf einem tierreichen Hof, wo Einblick in das Bauernleben gewährt wird.
Doch mittlerweile gibt es für jeden Reisewunsch den passenden Hof, so kann auch ein Urlaub am Winzerhof, Urlaub auf der Alm oder auf einem Reiterhof gebucht werden.
11 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Danke für den guten Tipp. Auch ich habe viele schöne Kindheitserinnerungen an Urlaube auf der Alm. Die Wallmannhütte werde ich mir jedenfalls vormerken.
Zahlt sich aus!
Ich erinnere mich ebenfalls an viele schöne Stunden auf der Alm zurück! Danke für die schöne Erinnerung!
Von Zottelkrapfen habe ich noch nie etwas gehört? Schmecken die dann noch süß?
Ja, die schmecken noch süß!
Liebe Gudrun,
ich war noch nie auf einer Alm. Das sieht alles sehr verlockend aus! Würde mir auch gefallen.
Liebe Grüße
Renate
Das gefällt Dir sicher!
Danke für die Lorbeeren
Wir haben deinen Bericht mit Freude gelesen.
Liebe Grüße von der Karalm
Monika und Johannes
Wir kommen bald wieder!
Wau das sieht und hört sich alles so super an,bin voll begeistert.das steht Jetzt sicher auf einer meinen Ausflugsziele,vielen Dank
Hallo aus dem Salzburgerland,
zufällig bin ich auf den Blog gestossen. Wenn ich die Bilder sehe bekomme ich immer ein wenig Heimweh auf unsere geliebt Alm wo ich viele Sommer die Ferien mit meinen Geschwistern und der Mutter verbracht habe.Wir sind Bauernkinder und die Tiere wurden im Sommer auf die Alm getrieben. Johannes von der Karalm ist mein Neffe. Aber ich wohne nicht weit von der Gaißau entfernt, so kann ich im Sommer immer wieder dieses schöne Plätzchen Erde besuchen. Christine ist auch eine ganz fleißige und sie haben sich somit ein neues Standbein geschaffen.
Also liebe Grüße Cilli