Venedig – Das jüdische Viertel – Wo das erste Ghetto der Welt entstand
„Woher das Wort für Ghetto kommt? Ganz einfach, es leitet sich ab vom italienischen Wort „gettare“, ausgesprochen wird es „dschettare“. Dieses Wort bedeutet gießen und weist auf den Umstand hin, dass wir uns auf dem Grundstück einer ehemaligen Gießerei befinden. Die deutschen Juden in Venedig sprachen das Wort falsch aus. Im Lauf der Zeit entstand das Wort Ghetto. Gibt es noch Fragen?“
Eine Führung durch das jüdische Viertel in Venedig
Wir stehen gemeinsam mit unserem Guide Paula auf dem Campo Ghetto Nuovo. Sie führt uns durch das jüdische Viertel in Venedig im Stadtteil Cannaregio. Es regnet in Strömen und so wie der Regen prasseln auch die Fragen auf Paula ein. Sie erklärt uns die Kleidervorschriften für Juden im 16.Jahrhundert. Beim Verlassen des Ghettos mussten die Männer eine gelbe Kappe tragen, Frauen einen gelben Schal. Abends wurden die Tore zum jüdischen Viertel verschlossen. Ein Wachdienst patroullierte um die kleine Insel. Bezahlen mussten diesen Dienst die jüdischen Einwohner.
Paula deutet auf eine Fensterfront. „Sehen Sie die fünf Fenster? Dahinter befindet sich die deutsche Synagoge, die wir soeben besichtigt haben. Noch weiter dahinter liegt die Synagoge der Ashkenasen. Sie wird auch Kanton Schul genannt. Von außen weist nichts auf die beiden Gotteshäuser hin. Sie durften im Stadtbild nicht auffallen.“
Das Ghetto Nuovo in Venedig mit dem jüdischen Museum
Die Deutsche Synagoge war die erste von drei Synagogen, die am Campo gegründet wurde. Die Scola Grande Tedesca (Scola für Schule) entstand im Jahre 1528. Der Architekt bemühte sich mit Hilfe von dekorativen Elementen aus dem asymmetrischen Saal ein harmonisches Gotteshaus zu schaffen. Im Laufe der Jahre restaurierte man die Synagoge mehrmals.
Nur wenige Meter davon entfernt befindet sich die Scola Canton (Synagoge der Ashkenasen). Ursprünglich gab es im jüdischen Viertel sechs Synagogen, die diesem Glaubensritus folgten. Die Scola Canton ist kleiner als die Große Deutsche Synagoge. Einzigartig sind acht Holztafeln, die biblische Episoden aus dem Buch Exodus zeigen. Auch diese Synagoge wurde mehrmals restauriert.
1575 entstand am Ghetto Nuovo die italienische Synagoge. Sie ist wie die Deutsche Synagoge von außen an fünf Fenstern erkennbar.
Das Jüdische Museum in Venedig
Ebenfalls am Platz befindet sich das fas Jüdische Museum (Museo Ebraico). Hier erwarb ich die Eintrittskarte für das Museum und das Ticket für die Führung durch drei der fünf Synagogen.
Vor der Führung schlenderte ich durch die Räume und sah mir die Exponate an. Viele Objekte des jüdischen Lebens sind ausgestellt, zum Beispiel Chanukka-Leuchter, kostbare Mäntel und Thora-Schreine.
Ein Teil der Ausstellung ist der Geschichte der Juden Venedigs gewidmet. Im Lauf der Geschichte bildeten sich in Venedig verschiedene Gruppen. Es gab die Deutschen und Italiener mit dem ashkenasischen Ritus, die Spanier und Levantiner mit sephardischen Ritus und zusätzlich noch die Ponentiner, die in Spanien und Portugal unter Zwang zum Christentum konvertiert waren.
Viele Fragen bleiben offen. Ich bin froh, dass Paula während der Führung meine Wissenslücken stillen kann.
Die Spanische Synagoge im jüdischen Viertel von Venedig
Die größte und prächtigste Synagoge in Venedig ist die Spanische Synagoge (Scola Spagnola). Sie befindet sich im Ghetto Vecchio, unweit des Ghetto Nuovo.
Durch die blutige Judenverfolgung in Spanien und Portugal landeten viele Juden im sicheren Venedig, das ursprüngliche Ghetto wurde zu klein.
Die spanische Synagoge wurde um das Jahr 1580 gegründet und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts umgebaut. Angeblich beauftragte man den berühmten venezianische Architekt Baldassare Longhena mit dem Umbau. Er zeichnete sich für den Bau und Entwurf vieler berühmter Bauwerke verantwortlich.
Leider ist mit dem Besuch der dritten Synagoge die Führung durch das jüdischen Viertel viel zu schnell zu Ende.
Ich bin dann einige Tage später nochmal durch das jüdische Viertel in Venedig spaziert und habe Fotos bei Sonnenschein gemacht.
Hier geht es zu den Informationen zum Jüdischen Museum und zu den geführten Touren durch die Synagogen.
Venedig interessiert Dich? Hier geht es zu meinen anderen Artikeln:
4 Kommentare
Hinterlassen Sie einen Kommentar
GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Interessant! Hab ich einiges gelernt. Und die Fotos sind toll!
LG
Ulrike
Danke schön! Es war gar nicht so einfach zum Fotografieren, es war doch etwas duster in den Räumen…
Wo kann ich Hochglanzposter vom Jüdischen Viertel bestellen.
Das weiß ich leider nicht…