Alles über die Big Five
„And please don’t be angry with me, if we don’t see the Big Five“, unser Safariguide im Kruger Nationalpark in Südafrika sieht uns bittend an. Dieser Satz macht mich nachdenklich und wütend zugleich.
Big Five – Als gäbe es keine anderen Tiere
Einerseits verstehe ich die Touristen. Da gönnen sie sich einmal in ihrem Leben eine teure Safari, und reisen dazu viele tausende Kilometer weit. In ihren wenigen Urlaubsstunden wollen sie soviel wie möglich erleben und dazu gehören natürlich auch spektakuläre Tiersichtungen. Und jeder, wirklich jeder fragt nach dem Urlaub: „Na, hast Du die Big Five gesehen?“ Niemand will sich die Blöße geben und sagen: „Nein, aber weißt Du, die Antilopen und die Warzenschweine waren eh viel interessanter und lustiger.“
Andererseits verstehe ich die Urlauber überhaupt nicht. Denn mit dem Terminus „Big Five“ jagen sie einem Begriff aus dem Großwildjägertum hinterher. Elefanten, Nashörner, Löwen, Leoparden und Kaffernbüffel galten um die Jahrhundertwende als schwer zu jagende und sehr gefährliche Tiere. Der Aufwand für Großwildjäger war enorm. Man brauchte schließlich genügend Personal um sich ein Tier der Big Five vor die Büchse treiben zu lassen.
Wir sind alle auf der Jagd. Ob mit dem Gewehr oder mit der Kamera
Heutzutage ist alles viel einfacher. Die gewünschte Jagdtrophäe bucht man bequem im Internet, das nötige Kleingeld vorausgesetzt. Und Touristen in Safariautos, die mit ihrer Kamera auf Jagd sind, verlassen sich auf das Funkgerät des Safariguide und auf die GPS-Daten, die das Halsband des Tieres überträgt.
Trotzdem gibt es keine Garantie, alle Big Five zu sichten, denn schließlich befinden wir uns nicht in einem Zoo. Aber wer auch immer einen Naturpark im südlichen Afrika besucht, muss sich bewusst sein, dass er sich nicht in freier Natur und unberührter Wildnis befindet. Wir sind Besucher in einem eingezäunten Reservat, das den Tieren hoffentlich genügend Freiraum gibt, auf uns Touristen zu verzichten.
Wann habe ich zum ersten Mal die Big Five gesehen?
Ich kann mich ehrlicherweise nicht mehr erinnern. Es muss wohl bei meiner ersten Afrika-Reise gewesen sein. Diese führte mich im September 2010 nach Kenia. Ich war von jedem einzelnen Tier fasziniert und freute mich wie ein Schneekönig, wenn ich ein Zebra, eine Giraffe oder ein Warzenschwein entdeckte. Die Big Five spielten nur eine Nebenrolle. Zwei Jahre später reiste ich durch Namibia. Die Tierbegegnungen im Etosha Nationalpark waren toll, aber genauso freute ich mich über die Little Five, die ich in der namibischen Wüste sah.
Diese Freude an den „Wilden Tieren“ hält bis heute an. Darum habe ich 2019 beschlossen, eine Ausbildung zum Safari-Guide zu machen. Denn ich konnte zwar viele Säugetiere bestimmen, doch viel mehr interessierte mich mittlerweile das Verhalten der Tiere. Zusätzlich gab es im Karongwe Game Reserve auch Schulstunden zu Themen wie Geologie, Astronomie, Tierstimmen, Vogel-, Insekten- und Baumkunde und vieles, vieles mehr. Den zukünftigen Safariguides wird beigebracht, wie sie ihren Safarigästen die Schönheit der Natur zeigen sollen. Und dazu gehören nicht nur die Big Five.
The Big Five – Wer gehört dazu?
Und trotzdem möchte ich die Big Five abschließend mit einer Kurzvorstellung vor den Vorhang holen. Denn schließlich sind es diese fünf Säugetiere, die viele Besucher ins südliche Afrika locken. Hoffentlich entfachen tolle Tiersichtungen und gute Safariguides ein niemals enden wollendes Afrikafieber!
Elefant
Der afrikanische Elefant ist das größte und schwerste Landsäugetier. Den Gewichtrekord hält ein Elefantenbulle, der 6,4 Tonnen auf die Waage brachte. Elefanten werden oftmals als sanfte Riesen bezeichnet. Für die eigene Herde mag die Bezeichnung stimmen, doch wehe einem anderen Tier, das sich einem Wasserloch nähert, wo gerade Elefanten trinken! Das durstige Tier wird gnadenlos verjagt…
Größe: Elefantenbullen werden bis zu drei Meter hoch, Elefantenkühe bis zu 2,5 Meter (Schulterhöhe)
Gewicht: Bullen wiegen bis zu sechs Tonnen, Kühe bis zu 4 Tonnen
Lebenserwartung: 55-60 Jahre
Lebensraum: Elefanten brauchen Pflanzen, Schatten und Wasser zum Überleben und sind wahre Anpassungskünstler. Sie leben in Wäldern, in der Savanne und im Grasland, seltener in der Wüste.
Tragzeit: 22 Monate
Ernährung: Gras, Kräuter, Wurzeln, Blätter, Rinden, Früchte. Sie sind schlechte Futterverwerter.
Feinde: Löwen und Hyänen und Menschen
Büffel
Man sagt, der afrikanische Büffel sei das gefährlichste Tier der Big Five. Grundsätzlich leben sie in Herden. Oftmals sieht man im Kruger Nationalpark oder in den anderen Nationalparks in Südafrika einzelne Bullen. Diese tragen den Spitznamen Dagha-Boys. Das Wort dagha ist ein Wort aus der Zulu-Sprache und bedeutet Schlamm. Da diese Tiere keinen Schutz der Herde genießen, sind sie aggressiver als ihre Artgenossen.
Größe: 1,5 Meter (Schulterhöhe)
Gewicht: Büffel wiegen bis zu 800 kg, Kühe bis zu 750 kg
Lebenserwartung: 25 Jahre
Lebensraum: von Savanne bis Wald, Büffel brauchen Wasser und Schatten
Tragzeit: 11 Monate
Ernährung: Grasfresser
Feinde: Löwen und Menschen
Nashorn
Die Geschichte der Nashörner ist voller Missverständnisse. Das begann schon bei der Namensgebung. Die britischen Siedler bezeichneten die häufigste Nashornart im südlichen Afrika als „wide rhino“. Wide, also breit, bezog sich auf das Maul, wurde aber mit „white“ (weiß) übersetzt. Noch heute nennt man diese Nashörner Breitmaulnashörner oder Weiße Nashörner. Die zweithäufigste Nashornart wird Spitzmaulnashorn oder Schwarzes Nashorn genannt.
Das zweite Missverständnis bezieht sich auf die Hörner. Leider hält sich im asiatischen Raum noch immer die Mär, dass das Horn der Nashörner Heilkräfte besitzt. In Wirklichkeit besteht das Horn aus Keratin, wie unsere Fingernägel auch.
In Südafrika habe ich sowohl Breitmaulnashörner als auch Spitzmaulnashörner gesehen.
Breitmaulnashorn
Größe: 1,8 Meter (Schulterhöhe)
Gewicht: männliche Tiere wiegen 2,4 Tonnen, weibliche Tiere 1,6 Tonnen
Lebenserwartung: 40 Jahre
Lebensraum: Grasflächen, Savannen, Buschvegetation
Tragzeit: 16 Monate
Ernährung: bevorzugt kurzes, frisches Gras
Feinde: der Mensch
Löwe
Löwen sind die größten fleischfressenden Säugetiere in Afrika. Sie sind die einzigen Großkatzen, die in einem sozialen Verbund, dem sogenannten Rudel, leben. Dieses Verhalten hilft ihnen, größere Tiere wie zum Beispiel Giraffen zu jagen.
Größe: männliche Löwen werden 1,2 Meter hoch, weibliche Löwen 1,1 Meter (Schulterhöhe)
Gewicht: Löwen wiegen bis zu 260 kg, Löwinnen bis zu 130 kg
Lebenserwartung: 10 bis 14 Jahren
Lebensraum: bevorzugt Savannen und Buschvegetation
Tragzeit: 110 Tage
Ernährung: Säugetiere (von Maus bis Elefanten), Fische, Reptilien, Vögel
Feinde: Hyänen und der Mensch
Leopard
Leoparden sind extrem scheue Tiere. Die Tiere haben ausgezeichnete Sinne und nutzen diese für ihr Jagdverhalten. Oftmals müssen sie ihre Beute verteidigen und schleppen diese auf Bäume. Leoparden markieren ihr Territorium mit Urin. Zusätzlich machen sie sich durch einzigartige Laute bemerkbar. Das Rufen eines Leopards klingt wie das Sägen auf Holz. Weibliche Leoparden „sägt“ länger und in einer höheren Frequenz.
Größe: männliche Leoparden 80 cm, weibliche Leoparden 70 cm (Schulterhöhe)
Gewicht: Leoparden wiegen bis zu 90 kg, Leopardinnen bis zu 60 kg
Lebenserwartung: 11 – 15 Jahre
Lebensraum: Gebirge bis Savanna
Tragzeit: 100 Tage
Ernährung: mittelgroße Säugetiere, Fische, Reptilien, Vögel
Feinde: Hyänen und Löwen und der Mensch
Neben den bereits erwähnten Small Five gibt es auch noch andere Tiergruppen, wie zum Beispiel die Ugly Five oder auch die Rare Five. Einen ausführlichen und sehr interessanten Beitrag gibt es dazu am Blog von Nordkap nach Südkap: Safari in Afrika: Das sind Big Five, Small Five, Ugly Five & Co
3 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Recht hast Du! Ich kann es auch nicht verstehen, wenn Guides nur den Big Five hinterherjagen und bei einem hübschen Vogel nicht mal stehenbleiben. Aus diesem Grund bevorzuge ich auf jeden Fall eine Selbstfahrer-Safari. Da entscheide ICH, welche Tiere mir wichtig sind und bei welchen ich stehenbleiben will.
Es gibt eben zwei Seiten der Medaille. Da vielen Touristen die Big Five so wichtig sind, reduziert sich die Safari eben auf diese fünf Tiere. Aber ich bevorzuge auch die Selbstfahrersafaris…
Liebe Gudrun,
dein Blog über die Big Five ist wirklich klasse und mit den Bildern einfach nur wahnsinnig anschaulich – da bekommt man direkt Fernweh.
Vielen Dank für das Teilen in dieser virtuellen Runde! 🙂