Im Uhrenmuseum Wien – Keine Zeitverschwendung
„Mir läuft die Zeit davon!“, dachte ich. Zum Zeit einfangen ging ich ins Uhrenmuseum Wien, was keine Zeitverschwendung war. Dieses kleine, feine Museum versteckt sich in einem der ältesten Häuser Wiens in der Innenstadt. Nach dem Kauf des Tickets (für Ö1-Mitglieder ermäßigt), steige ich die Wendeltreppe zum ersten Stock empor. Insgesamt sind im Uhrenmuseum um die 700 Uhren ausgestellt, geordnet nach Epochen.
700 Uhren, verteilt auf drei Stockwerke
Ich öffne eine Glastür und lande in der Zeit des Mittelalters, der Renaissance, der Barockzeit und im Zeitalter des Empire. Ein Besuch im Uhrenmuseum ist also eine Zeitreise. Fasziniert betrachte ich das erste Ausstellungsobjekt, das ich auf den ersten Blick nicht als Uhr erkannt hätte.
Es handelt sich um eine Art Glocke. Auf einer Tafel finde ich die Information, dass es sich um das Mittagszeichen der Stadt Wien handelt. Und so lautet der Text: Behufs Signalisierung des mitteleuropäischen Mittags besteht eine direkte elektrische Leitung zwischen der K.k Universitätssternwarte und der Feuerwehrzentrale. Letztere gibt das einlangende Mittagszeichen im Wege der Bezirksfeuerwachen an die Gemeindehäuser Wiens. Das Mittagszeichen beginnt 22 Sekunden vor 12 Uhr und besteht in 12 starken, nach je zwei Sekunden erfolgenden Glockenschlägen, deren letzter den Zeitpunkt des mitteleuropäischen Mittags anzeigt.
Das waren noch Zeiten, als die Zeit aus einem einzigen Glockenschlag bestand!
Nur einen Raum weiter steht das wohl schwerste Ausstellungsstück der gesamten Uhrensammlung: das 700 Kilogramm schwere Turmurhrwerk von St.Stephan. 1699 wurde dieses Uhrwerk im Südturm montiert. Als Besonderheit galt, das es neben den Stundenzeigern auch die Minutenzeiger vorwärts trieb. Die Minutenzeiger wurden überhaupt erst im 17. Jahrhundert gebräulich, lerne ich bei der Lektüre einer weiteren Schautafel.
Uhrenmuseum Wien – Eine kurze Geschichte
Im Jahre 1917 wurde das Uhrenmuseum von der Stadt Wien gegründet. Ausschlaggebend war der Kauf der privaten Uhrensammlung von Rudolf Kaftan, die aus über 10.000 Uhren bestand. Kaftan wurde als Museumsleiter engagiert. Die ersten Ausstellungsräume befanden sich in der Pirvatwohnung des Museumsleiters, im dritten Stock des Palais Obizzi.
Das Uhrenmuseum ist heute immer noch in diesem Palais am Schulhof untergebracht. Die alten Parkettböden knarren und knarzen und machen die Zeitreise in die vergangenen Jahrhunderte authentisch.
Kaftans Sammlung bildet sicherlich den wichtigsten Grundstock des Museums. Doch eine weitere wichtige Sammlung landete ebenfalls im Wiener Uhrenmuseum und zwar die der Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach.
Die Uhrensammlerin Marie von Ebner-Eschenbach
Mit ihrer Erzählung „Lotti, die Uhrmacherin“ würdigte Marie von Ebner-Eschenbach ein Handwerk, dass sie selbst erlernt hatte. Zur damaligen Zeit war das wohl ein ziemlich ungewöhnlicher Beruf für eine Frau. So wie ich es interpretiere, hat die Autorin den Beruf des Uhrmachers nicht ausgeübt. Doch die Autorin war leidenschaftliche Sammlerin von Taschenuhren. Sie führte penibel Buch, welche Stücke sich in ihren Besitz befanden und reparierte ihre Schätze selbst.
Auf ausdrücklichen Wunsch der Dichterin sollte ihre Sammlung nach ihrem Tod in Wien bleiben. Ihr Neffe bot der Stadt Wien 270 Uhren an, doch der Kauf der wertvollen Stücke gelang erst nach Gründung des Vereins „Freunde des Uhrenmuseums“ und durch tatkräftige Unterstützung mehrerer Wiener Financiers. Heute sind 40 Exemplare im Museum ausgestellt, die restlichen Uhren verschwanden für immer und ewig in den Wirren des 2.Weltkriegs.
Raritäten und besondere Zeitmesser
Besonders gut gefallen mir die Reiseuhren. Sie sind etwas größer und robuster gebaut als Taschenuhren, besitzen meist ein integriertes Schlagwerk und gelten als Vorläufer des heutigen Reiseweckers. Dann gibt es aber noch japanische Uhren, Kommodenuhren, Bilderuhren, Pendeluhren, Armbanduhren, Kuckucksuhren und einzigartige Raritäten.
Für diese ganz besonderen Stücke gibt es sogar einen eigenen Katalog, in dem ausführlich einzelne Uhren, ihre Geschichte und die Kunstfertigkeit ihrer Entstehung beschrieben werden.
Trotz der Fülle an Ausstellungsstücken wirkt das Museum glücklicherweise nicht vollgestopft. Es ist klein, aber fein. Aber so klein, dass ich in einer Stunde alles gesehen und gelesen hätte, ist es auch wieder nicht. Und so zähle ich die Stunden, bis ich wieder ins Uhrenmuseum gehe…
Allgemeine Informationen
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr
Feiertag: 10 bis 18 Uhr
geschlossen: 1.Jänner, 1.Mai und 25.Dezember
Eintritt:
Vollpreis: 7 Euro
Ermäßigt: 5 Euro
SeniorInnen, Vienna City Card, Ö1 Club, Menschen mit Behinderung, Studierende bis 27 Jahre, Lehrlinge, Präsenz- und Zivildiener, Gruppen ab 10 Personen
Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren: Eintritt frei
1.Sonntag im Monat: Freier Eintritt
Adresse:
1010, Schulhof 2
GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.