Grado – Dolce far niente
Eine Bekannte meiner Mutter fuhr Jahr für Jahr nach Grado. Die Dame, die in Zeiten der K&K Dynastie aufgewachsen war, – zumindest kam es mir so vor – nahm dort Sandkuren in Anspruch. Eine Kuranwendung, deren Sinnhaftigkeit mir als Kind nicht so recht einleuchten wollte. Als Mitbringsel bekam meine Mutter von besagter Dame einen Keramikkrug in Form eines Hahns geschenkt. Der Schriftzug Grado war auf die Brust der Scheußlichkeit gepinselt.
Kein Wunder also, dass ich bei meiner Ankunft in Grado nach eingebuddelten Damen und Keramikwerkstätten Ausschau hielt. Ich fand sie weder noch.
Angekommen in Grado
Was ich allerdings vorfand, war eine bezaubernde Altstadt, lange Sandstrände und eine faszinierende Lagune.
Die Anreise mit unserem Wohnmobil verlief ab Wien völlig problemlos. Die erste Tankstelle hinter der Grenze diente als Koffeinnachschub. Je weiter wir in den Süden vordrangen, umso wärmer und sonniger wurde es. Kurz vor unserer Ankunft in Grado fuhren wir durch Aquileia.
Aquileia? Ich kramte in meinem Gedächtnis, bis ich auf die Lösung kam. Bei einer Pressereise entlang der Donau mit die Straße der Kaiser und Könige wurde diese Stadt ständig erwähnt. Und ich merkte die antike Stadt im Stillen für einen Ausflug vor.
Grado liegt so wie Venedig auf einer Insel in einer Lagune. Die Straße verbindet die Insel wie eine Nabelschnur mit dem Festland. Links das Meer, rechts das Meer, in der Ferne eine Kirche und jede Menge Fischerboote im Wasser.
Unseren Campingbus stellen wir vorerst auf einem Parkplatz ab und ziehen zu Fuß in die Altstadt weiter.
Grado – Die Altstadt
Ich bin ja schon beim Anblick des Alten Hafens hin und weg, dabei stehen mir die verwinkelten kleinen Gassen der Altstadt noch bevor. Viele Fotopausen später stehen wir vor der Kathedrale von Grado.
Neben der Basilika Sant’Eufemia befindet sich der 42 Meter hohe Glockenturm, auf dem eine Figur des Erzengel Michael thront und in die Ferne blickt. Gerne wäre ich an seiner Stelle.
In der Kirche vermischen sich romanische mit maurischen und gotischen Stilelementen, einzigartig finde ich den wunderbaren Mosaikboden. Die Basilika strahlt eine besondere Ruhe aus. Das mag an den beiden Madonnen liegen, die den Raum zieren.
Direkt neben der Basilika führt ein mit Steinen gepflasterter Weg zur Taufkapelle. In der frühchristlichen Zeit war es üblich, das Baptisterium neben der Kirche zu bauen. Nicht getaufte Personen hatten keinen Zutritt zur Eucharistie.
Ich schlüpfe zwischen Baptisterium und Basilika durch eine schmiedeeiserne Tür und stehe hinter der Basilika. Hier befindet sich das Lapidarium, also eine Sammlung von Werken aus Stein, wie zum Beispiel Sarkophage, Skulpturen und Meilensteine.
Mit dem Besuch der Basilika Santa Maria delle Grazie, einer Kirche, dessen Erbauung auf das 5. Jhdt.n.Chr. zurückgeht, ist das Sightseeing in Grado abgeschlossen.
Die Lagune von Grado
Sehenswert ist natürlich die Lagune von Grado, die wir mit dem Ausflugsschiff Nuova Christina erkunden. Zweimal täglich tuckert das Motorboot durch das Geflecht an Inseln und Kanälen, vorbei an der Madonnina del Mare, einer Madonnafigur, die vor dem Hafen mitten im Meer steht. Sie begrüßt und verabschiedet die Fischer- und Ausflugsboote.
Die Inselchen werden „mote“ genannt. Die strohgedeckten Fischerhütten, die auf den Inseln stehen, nennt man „casoni“. Eine dieser Hütten ging in die Filmgeschichte ein. Pier Paolo Pasolini war von den Inseln so angetan, dass er eine davon in seinen Film Medea verewigte.
Ebenfalls populär ist die jährliche Pilgerfahrt „Perdòn di Barbana“, die am ersten Sonntag im Juli mit Booten stattfindet. Die Madonna Madonna degli Angeli aus der Basilika Sant’Eufemia wird auf das Boot Stella del Mare gepackt und in die Wallfahrtskirche auf die Insel Barbana gebracht. Dieses Spektakel würde ich mir sehr gerne ansehen.
Auch die Fahrt durch die Lagune würde ich sehr gerne mit einem kleinen Boot oder Kajak wiederholen.
Die Vormittagsfahrt mit dem Schiff endet pünktlich um 12:30 am Alten Hafen. Hungrig gehen wir von Bord.
Essen gehen in Grado
Die Auswahl an Restaurants in Grado ist riesig. In der Nebensaison haben nicht alle Lokale geöffnet, aber alle bieten Meeresfrüchte, Meeresfrüchte und nochmals Meeresfrüchte an. Hurra!
Die Piazza Duca D’Aosta ist eine Restaurantmeile. Hier befindet sich auch eine kleine Markthalle mit Spezialitäten aus der Region. Für den schnellen Hunger kann man sich Sandwiches machen lassen.
Für den großen Hunger wurde ich gleich vis-a-vis in der Trattoria de Toni fündig. Nach einem gemischten Vorspeisenteller wählte ich die Calamari vom Grill, die mit Polenta serviert wurden. Als Nachtisch bestellte ich ein Tiramisu.
Erst nach unserem Besuch erfuhr ich, dass die Trattoria das angeblich beste Fischlokal in Grado sein soll. Ehrlicherweise kann ich das nicht beurteilen, denn ich war auch im La Caina am Campo San Niceta mit meinen Linguine alle Vongole sehr zufrieden.
Sehr empfehlenswert finde ich die Enoteca Al Goto. Die Bar, die auch kleine Snacks anbietet, haben wir zufällig beim Streunern durch die Gassen entdeckt. Uns gefiel sie so gut, dass wir nach einer Woche Italienreise wieder auf einen Pinot Grigio einkehrten.
Grados Strände
Ehrlicherweise sind wir nicht der Strände wegen nach Grado gefahren. Schließlich war es bereits Anfang bereits Anfang Oktober, als wir uns auf den Weg machten.
Ich sah zwar den einen oder anderen Meeresliebhaber, der sich todesmutig in die Fluten stürzte, doch die meisten genossen den Sonnenschein bei einem Spaziergang an der Promenade.
Die Sandstrände Grados sind nach Süden ausgerichtet, was Grado auch den Beinamen „Sonneninsel“ beschert.
Der Hauptstrand – Spiaggia Principale – ist drei Kilometer lang. Jetzt im Oktober wird der Strand winterfest gemacht. Die weißen Badehäuschen landen auf den Ladeflächen von Traktoren und werden abtransportiert.
Die Liegestühle werden gewaschen und trocknen in der Sonne, bevor man sie ebenfalls in den Winterschlaf schickt.
Im Anschluss an den Hauptstrand befindet sich „Al Bosco“, ein Strandabschnitt, den man ohne zu bezahlen nutzen kann. Anschließend befindet sich der Strandabschnitt Grado Pinetta. Zwischen den beiden letztgenannten Stränden liegt der Hundestrand Snoopy.
Am Hauptstrand gibt es übrigens ebenfalls einen Bereich, an dem Hundebesitzer willkommen sind. Der Abschnitt heißt Lido di Fido.
Im westlichen Teil der Insel liegt der Strand Costa Azzurra. Bis zu diesem Strand bin ich komischerweise nicht vorgedrungen. Der Zugang zu diesem Strand ist kostenlos, ein Teil wird allerdings von Strandbädern genutzt.
Wo geht es zum Campingplatz?
Wie ich oben bereits erwähnt habe, waren wir in Grado mit dem Campingbus unterwegs. Das heißt, wir haben uns bei unserer Ankunft einen Parkplatz gesucht und sind nach einem Rundgang durch die Altstadt auf einen Stellplatz gefahren.
Der Stellplatz für Wohnmobile befindet sich zwischen Grado und Grado Pineta. Es gibt zwei Abschnitte. Die mit Stromanschluß ausgestatteten Plätze liegen an der Via Monfalcone. Hier befindet sich auch die Entsorgungsstation und der Anschluss zum Wassernachfüllen.
Richtung Strand befindet sich der Stellplatz ohne Versorgungsstationen. Schätzungsweise 50 Mobilwohnheime haben hier Platz. Bei unserem ersten Besuch unter der Woche befanden sich circa 10 Campingbusse auf dem Areal. Die letzte Campingnacht verbrachten wir ebenfalls auf dem Areal, diesmal war der Platz halbvoll. Es war Wochenende.
Von diesem Stellplatz brauchten wir circa 30 Minuten in die Innenstadt von Grado.
Angelika vom Reiseblog wiederunterwegs hat mit dem Schauspieler und Autor Michael Dangl gesprochen: Zum Beitrag >>hier<< klicken
Und was gibt es sonst noch so in Grado zu tun?
Eigentlich nicht viel und das ist wunderbar. Grado ist ein „Dolce far niente“-Ort. Eine Insel der Seeligen, wo das Eis ein bisschen besser und der Himmel ein bisschen blauer ist. Ich war begeistert von Grado und komme sicher wieder. Arrivederci!
2 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Liebe Gudrun, du hast mich gerade in meine Jugend entführt. Ich bin über einige Jahre hinweg, im Frühsommer immer mit meiner Tante und meinem Onkle einige Tage in Grado gewesen. Das waren immer traumhafte Tage, wenig Touristen, vieles noch gar nicht offen und trotzdem schon Sommer. Liebe Grüße, Claudia
Wunderschön. Alleine das Eis sieht schon verdammt lecker aus!!
Liebe Grüße