Bücher über Wien
In meiner Buchhandelskarriere war es DER klassische Satz: „Haben Sie Bücher über Wien?“
Der Fragesteller outete sich zumeist als Tourist. Entweder wollte er seine Lieben daheim mit einem Bildband über die Wiener Sehenswürdigkeiten beglücken oder für sich selbst einen Krimi erstehen, der ihn von den kitschigen Mozart- und Sisibildern ablenken sollte.
Selten verlangte jemand nach Kochbüchern, noch seltener standen Kinderbücher auf der Agenda. Nach Wien-Reiseführern fragte sowieso niemand, denn diese hatte der Tourist von seinem Wohnort mitgeschleppt.
Die vielen Bücher, die über Wien erschienen, wurden meistens von Wienliebhabern für Wienliebhaber geschrieben und von Wiener Verlagen herausgegeben. Eifrigste Leserin und Käuferin dieser Bücher war natürlich, wie könnte es auch anders sein, die Schreiberin dieser Zeilen, nämlich ich.
In diesem Beitrag nehme ich euch mit in meine Welt der Bücher über Wien.
Kriminalromane über Wien
Wenn ein Buch mit dem Satz „Jetzt ist schon wieder was passiert“ beginnt, weiß der buchaffine Leser schon, wer der Autor dieses Satzes ist.
Wolf Haas hat in Österreich mit seinen Brenner-Romanen und deren Verfilmungen Kultstatus erlangt. Mein Lieblingsbuch von ihm spielt zwar in Salzburg, doch auch „Komm, süßer Tod“ ist genial gut.
Erst heuer habe ich die sehr unterhaltsamen Krimis von Beate Maxian entdeckt. Ihre Ermittlerin ist Journalistin, die Schauplätze der Morde sind meist berühmte Sehenswürdigkeiten in Wien.
Alex Beer hat die für mich wohl spannendste Ermittlerfigur erfunden. Ihr Romanzyklus beginnt im November 1920, Wien liegt in Trümmern und Kriminalinspektor August Emmerich beginnt zu ermitteln.
- Wolf Haas – Komm, süßer Tod
- Beate Maxian – Der Tote im Fiaker. Die Sarah Pauli Reihe
- Alex Beer – Der dunkle Bote. Ein Fall für August Emmerich
- Beate Maly – Historische Kriminalromane
- Gerhard Loibelsberger – Historische Kriminalromane aus dem alten Wien
Romane über Wien
Was ist DER Roman über Wien? Die meisten würden wohl sagen, es handelt sich hierbei um Heimito von Doderers „Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre“. Wieder andere nennen „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil oder „Die Tante Jolesch“ von Friedrich Torberg.
Freundin Angelika wird nach Arthur Schnitzler verlangen, andere nach Thomas Bernhard, Ingeborg Bachmann und Eva Menasse.
Ich beruhige die Gemüter. Bei meiner Liste handelt es sich um eine Auswahl, nicht mehr und nicht weniger. Aber folgende Bücher gehören zu meinen liebsten Büchern über Wien.
- Peter Henisch – Eine sehr kleine Frau
- Josef Roth – Radetzkymarsch
- Robert Seethaler – Der Trafikant
- Ljuba Arnautovic – Im Verborgenen
- Andreas Pittler – Wiener Kreuzweg
Wien für Anfänger
Das Büchlein aus dem Reclam Verlag ist ein literarischer Reiseführer. Mit Romanauszügen, Gedichten und Liedern flaniert man zu berühmten Sehenswürdigkeiten Wiens.
Der Wiener Picus Verlag entführt schon seit vielen Jahren reisesüchtige Leserinnen und Leser in Städte, Länder und Regionen. An die 30 Bücher aus der Reihe Lesereise habe ich bereits zuhause, so auch die Lesereise Wien von Hubert Nowak.
Wien für Fortgeschrittene
Was blieb mir diesen Sommer anderes übrig, als durch Wien zu flanieren? Dank der folgenden Bücher marschierte ich mit offenen Augen durch die Stadt.
- Ilse König – Wien für Fortgeschrittene
- Wolfgang Salomon – Wien. Abseits der Pfade. Band 1
- Georg Renöckl – Wien. Abseits der Pfade
- Gabriele Hasmann, Charlotte Schwarz – Geheime Pfade
- Oskar Aichinger – Ich bleib in der Stadt und verreise
- Oskar Aichinger – Fast hätt ich die Stadt verlassen
- Christian Seiler – Besser gehen in Wien
Besondere Bücher über Wien
Es sind drei völlig unterschiedliche Bücher, die ich zu meinen besonderen Wienbüchern erkoren habe.
Max Winter schrieb um die Jahrhundertwende Reportagen über die Zustände der kleinen Leute und deren Brotberufe. Oftmals verkleidete sich der Journalist und landete so in Wärmestuben, im Polizeikommissariat und in den Kanälen von Wien. Dank bekam er für seine aufrüttelnden Beiträge nicht. Er floh 1934 nach Amerika und starb dort verarmt.
Das Buch „1938. Adresse Servitengasse“ fiel mir im Schaufenster einer Buchhandlung im Servitenviertel ins Auge. Jedem, der sich für jüdische Geschichte in Wien interessiert, möchte ich dieses Buch ans Herz legen.
Das Buch „Verborgenes Wien“ blättere ich immer wieder gerne durch. Meist dann, nachdem ich eine Tour durch Wien unternommen habe und mir etwas aufgefallen ist, dass ich noch nie zuvor gesehen habe.
- Max Winter – Expeditionen ins dunkelste Wien
- Birgit Johler, Maria Fritsche – 1938. Adresse Servitengasse
- Michaela Lindinger – Verborgenes Wien
Mein Lieblingsbuch über Wien
Die Buchhandlung, in der ich fast 10 arbeitete, liegt schräg vis-a-vis des Palais Ephrussi. Tag für Tag ging ich an diesem Palais vorbei, nichts ahnend dass Jahre später Kunden nach einem Buch verlangten, das genau in diesem Palais spielen würde. Und nein, es ist keine Ruhmesgeschichte über Wien, ganz und gar nicht.
Edmund de Waal erzählt darin seine Familiengeschichte und das macht er grandios.
Bücher für Kinder
Doch Wien ist nicht nur für Erwachsene ein Ort voller Geschichte und Kultur, sondern bietet auch für Kinder zahlreiche Entdeckungsmöglichkeiten. Um jungen Lesern diese faszinierende Stadt näherzubringen, gibt es eine Reihe von Büchern, die speziell auf ihre Interessen und Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Drei Bücher in dieser Kategorie sind:
Brigitta Höpler: Wien, Stadtführer für Kinder
Dieser Stadtführer ist speziell für Kinder konzipiert und bietet eine kindgerechte Einführung in die Geschichte und Kultur Wiens. Mit vielen Bildern, interessanten Anekdoten und kinderfreundlichen Erklärungen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten ist dieses Buch ein idealer Begleiter für junge Besucher der Stadt.
111 Orte für Kinder in Wien, die man gesehen haben muss
Dieses Buch ist ein wahrer Schatz für junge Entdecker und ihre Familien. Es führt Kinder zu 111 spannenden Orten in Wien, von historischen Sehenswürdigkeiten bis hin zu versteckten Juwelen, die oft selbst von Einheimischen übersehen werden.
Asagan – Wien Geschichten
Aufregende Geschichten in Wien erleben die Helden von Asagan. Fantasie und Realität vermischen sich und bieten Lesespaß nicht nur für Kinder.
Neue literarische Bücher die in Wien spielen
Wien, eine Stadt, die in der Literatur oft als Kulisse dient, inspiriert Autorinnen und Autoren aus aller Welt zu immer neuen Büchern und Geschichten. In diesem Absatz möchte ich nun Werke vorstellen, die seit dem Jahre 2020 erschienen sind. Damals entstand nämlich die Idee zu diesem Blogartikel. Seither sind jedoch einige neue Bücher zu Wien erschienen.
Ilsa Barea: Wien – Legende und Wirklichkeit
Neu ist das Buch von Ilsa Barea nicht. Es erschien vor mehr als 50 Jahren in englischer Sprache. Dem Atelier Verlag ist es zu verdanken, dass wir es nun in deutscher Übersetzung in den Händen halten. Die Autorin wirft einen allumfassenden Blick auf Wien, betrachtet die Stadt aus verschiedenen Epochen und Perspektiven. Mit einer Mischung aus Zuneigung und kritischer Betrachtung erzählt sie von den bedeutenden wie auch den unscheinbaren Ereignissen in der weltweit als besonders lebenswert geltenden Stadt.
Johannes Sachslehner: Wien – Biografie einer vielfältigen Stadt
Ein Garant für historisch fundierte Literatur über Wien ist der Historiker Johannes Sachslehner. Im Molden Verlag sind einige Bücher des Autors erschienen, viele davon mit Bezug zu Wien. Hervorheben möchte ich das 2021 erschienene Buch mit dem Titel „Wien – Biografie einer vielfältigen Stadt“.
Der Autor beschreibt darin das dynamische Wien und erzählt von historischen Ereignissen bis zum Alltagsleben. Er beleuchtet die Entwicklung der Stadt, ihre Konflikte und Symbole wie Stephansdom und Hofburg. Im Fokus steht das tägliche Leben der Wiener, geprägt von Freuden, Leiden und den Kontrasten zwischen der prachtvollen Ringstraße und den Vorstädten.
Beppo Beyerl, Thomas Hofmann: Wien entdecken mit der Bim
Wer in Wien wohnt, braucht meistens kein eigenes Auto. Wer in Wien als Tourist unterwegs ist, sowieso nicht. Mit dem Straßenbahn-Reiseführer „Wien entdecken mit der Bim“ ermöglichen die beiden Autoren eine einfache Erkundung Wiens. Jenseits der Ringstraße führen die Tramways zu bekannten und versteckten Orten, von Nußdorf bis Grinzing, und bieten authentische Einblicke in das echte Wien.
Inge Fasan:
10.000 Schritte in Wien: Zum Gehen verführt.
Das Buch bietet 15 abwechslungsreiche Touren durch Wien, ideal für das tägliche Ziel von 10.000 Schritten. Ob in der Stadt oder im Grünen, diese Routen sind informativ und aufschlussreich, mit Geschichten, die sowohl für Besucher als auch Einheimische neu sind. Alle Wege sind gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Dark Places in Wien
Momentan ist es „in“, die Kellergewölbe, Katakomben und versteckten Plätze Wiens zu entdecken. Zahlreiche Führungen werden angeboten und so ist es auch kein Wunder, dass derzeit viele Bücher zum Thema erscheinen.
Zwei dieser Bücher möchte ich hier vorstellen.
Günther Zäuner:
111 Orte in der Wiener Unterwelt, die man gesehen haben muss
Das Buch „111 Orte in der Wiener Unterwelt, die man gesehen haben muss“ enthüllt eine verborgene Seite Wiens, abseits bekannter Sehenswürdigkeiten wie Schönbrunn und der Hofburg. Es beschreibt einen Kosmos in der Unterwelt, in dem Ganoven eigene Gesetze haben. Es gibt Einblicke in das zwielichtige Wiener Milieu.
Marcello La Speranza: Wiener Untergrund
Der Historiker Marcello La Speranza beleuchtet in seinem Buch 50 historische Highlights des Wiener Untergrunds. Die spannende und reich illustrierte Darstellung umfasst Katakomben, Gruften und Bunker, die Wiens Geschichte geprägt haben.
Wie gesagt, dieser Beitrag zeigt nur eine kleine Auswahl an Wienbüchern. Dein Lieblingsbuch ist nicht dabei? Schreibe es mir in den Kommentaren.
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13 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Vielen lieben Dank für deine wundervollen Empfehlungen.
Sehr gerne!
Was für eine WUNDERWUNDERBARE Liste, Gudrun!
Ich persönlich liebe auch die Alex Beer Emmerich Romane, die Pittler Krimis und natürlich die Loibelsberger Krimis mit Inspektor Nechyba 🙂
Der Hase mit den Bernsteinaugen ist auch einer meiner Favoriten – was da alles an jüdischer Familien- und Stadtgeschichte dahintersteckt – kann man immer und immer wieder lesen.
Ein weiteres Lieblingsbuch über das „alte Wien“ wäre für mich noch „Der Engel mit der Posaune“ von Ernst Lothar.
Danke für diese tolle LISTE!
Der Lothar steht bei mir schon seit Jahren rum, keine Ahnung, warum ich das Buch noch nicht gelesen habe…
Übrigens: Den Henisch mit „Eine sehr kleine Frau“, den find ich auch besonders besonders 🙂
Der Henisch schreibt unglaublich toll
Liebe Gudrun,
herzlichen Dank für die vielen tollen Anregungen. Habe die Liste auch gleich mal gepinnt, damit ich sie nicht vergesse. Ich gucke neuerdings auch öfters Krimis, wenn sie in Städten spielen, die ich besucht haben. Auch als Lektüre finde ich sie besonders spannend, wenn ich die beschriebenen Orte kenne.
Liebe Grüße
Renate
Finde ich auch!
An so einer Liste muss man lange stricken, bis man*frau sie recherchiert hat. Vielen Dank dafür.
Viele Grüße
Stefan
Danke!
Nun ja, vielleicht einer der wahnsinnigsten Romane über Wien im Allgemeinen, und die Kärntnerstrasse im Besonderen, mit u.a. dem geplanten Attentat auf die Oper während Donizettis Wahnsinnsarie, das ist „Das Hotel New Hampshire“ von John Irving. Vielleicht nicht direkt ein Wien-Roman, aber für mich der Grund, auf meiner ersten Wienreise nach Bären, Kleinwüchsigen und anderen (hüstel) im Kiez der Kärntnerstrasse Ausschau zu halten.
John Irving ist ein genialer Autor!
Das Buch des Totengräbers: Der erste Fall für Leopold von Herzfeldt | Temporeicher Krimi im Wien der Jahrhundertwende (Die Totengräber-Serie, Band 1)
Zur Zeit mein Lieblingsbuch über Wien!!!