Freistadt im Mühlviertel – Zu Gast in der mittelalterlichen Braustadt
[Anzeige] Der Nachtwächter von Freistadt erhebt seine Stimme und proklamiert mit lauter Stimme den wohl wichtigsten Satz seines Beruflebens: “Liebe Leute, lasst euch sagen, zwölfe hat die Uhr geschlagen!”
In der Heiligengeistgasse, durch die wir uns gerade bewegen, geht im zweiten Stock das Licht an, eine Frau lugt durch die Vorhänge zu uns herab.
Doch weder ist es Mitternacht, noch folgen wir einem echten Nachtwächter durch die mittelalterlichen Gassen von Freistadt. In der Nachtwächteruniform steckt Rudolf Witzany, der uns mit viel Humor die Geschichte von Freistadt näherbringt.
Die Bierstadt Freistadt
Gestartet sind wir unseren Rundgang bei der Freistädter Brauerei, die vor der Stadtmauer liegt. Mit dem Bau der Brauerei wurde im Jahr 1770 begonnen. In diesem Jahr unterzeichnete die Bürgerschaft einen Kaufvertrag für die sogenannten Stadtschreibergärten.
Das Bierbrauen hat in Freistadt eine lange Tradition. Es war Herzog Rudolf IV, der den Bürgern im Jahre 1363 das Privileg verlieh, in den eigenen Häusern Bier zu brauen und auch dort auszuschenken. Doch im Laufe der Jahre sank die Qualität der Biere, die unzufriedenen Bürger gründeten eine Braucommune. Deren Pflichten und Rechte haben bis heute Bestand.
Aktuell werden vor den Toren der Stadtmauer 11 einzigartige Biere gebraut. Es gibt viele Möglichkeiten in die Freistädter Bierwelt einzutauchen. Bei einer Brauereiführung entdeckt der Besucher zum Beispiel den einzigen offenen Malzboden Österreichs.
Das schönste Biererlebnis – zumindest für mich – nennt sich „Bier trifft Kulinarik“. Küchenchef Markus Gahleitner kombiniert höchste Küchenkunst mit höchster Braukunst. Serviert werden die Speisen im gemütlichen Braustüberl. Und wer immer noch nicht genug vom Bier hat, kann sich in Freistadt zum Biersommelier ausbilden lassen oder sein eigenes Bier brauen.
Sehenswürdigkeiten in Freistadt
Nachtwächter Rudolf Witzany geleitet uns zum Linzertor, dem Wahrzeichen von Freistadt. Mit 28 Metern zählt dieses Tor zu den mächtigsten Tortürmen Mitteleuropas. Deutlich zu sehen sind die zwei Schlitze am Gebäude, die auf die ehemalige Zugbrücke hinweisen.
Unser nächster Besuch gilt dem Bürgerkorpsturm. Doch bevor wir einen Blick in die heiligen Hallen der Bürgergarde werfen dürfen, zeigt uns der Nachtwächter hölzerne Wasserrohre, die vor vielen Jahren als Wasserzuleitung für die öffentlichen Brunnen dienten.
Über die Eisengasse spazieren wir zur Salzgasse. Rudolf Witzany lässt uns raten, was sich hinter einer kleinen, hölzernen Tür befindet. Die Lösung ist simpel: Es handelt sich um mittelalterliche Toilette-Anlagen, die von den Freistädter „Reiha“ oder „Reichn“ genannt wurden. In diesen schmalen Gassen sammelte sich alles, was über die Abtrittskerker der Häuser hinunterplumpste.
Nur wenige Schritte weiter stehen wir vor dem ältesten Gebäude von Freistadt, dem Salzhof. Heute befinden sich hinter den aufwändig restaurierten Mauern die Musikschule und ein Veranstaltungszentrum.
Wieder ein paar Schritte weiter landen wir vor der Alten Schmiede und dem Scheiblingsturm.
An Türmen und Toren herrscht in Freistadt wahrlich kein Mangel. Weiter führt unser abendlicher Rundgang zum Böhmertor, von wo aus es nur mehr einige Meter bis zum Schlosshof sind.
Wem der Stadtrundgang nicht genügt, dem sei das Schlossmuseum empfohlen, das im Bergfried untergebracht ist. Über den Hauptplatz mit dem Marienbrunnen spazieren wir zur Stadtpfarrkirche.
Die Stadtpfarrkirche – sie wird auch Katharinenmünster genannt – ist die einzige fünfschiffige Kirche in Österreich. Über den Dechanthof geleitet uns der Nachtwächter zu unserem Hotel.
Übernachten in Freistadt
Das Hotel Hubertus am Höllplatz ist der perfekte Ausgangspunkt für einen Urlaub in Freistadt und dem Mühlviertel. Von meinem gemütlichen Zimmer aus habe ich einen wunderschönen Blick auf den Stadtgraben, auf den Dechanthofturm und das Linzertor.
Für Naschkatzen ist das Hotel ebenfalls bestens geeignet, denn Gastgeber Thomas Friesenecker ist nicht nur Hotelier, sondern auch Konditormeister und Biersommelier. Vor 15 Jahren kreierte er die einzigartigen Freistädter Bierpralinen, die man in seiner Konditorei gleich neben dem Hotel erwerben kann.
Das Rezept für die von Hand hergestellten Pralinen ist natürlich streng geheim, doch die Anleitung für eine Mühlviertler Spezialität konnten wir ihm abschwatzen.
>> HIER geht es zu den Mühlviertler Rezepten <<
Mein Spaziergang durch die Braustadt
Die Schauplätze unserer nächtlichen Führung sehe ich mir natürlich auch bei Tageslicht an. Eine Attraktion hatte unser Nachtwächter übrigens nicht auf dem Programm. Es handelt sich hierbei um das Krokodil in der Pfarrgasse.
Das ausgestopfte Reptil bescherte dem Kolonialwarenhändler Kasper Obermayr staunende Kundschaft, denn angeblich hatte dieser dem Tier eigenhändig den Hals umgedreht. In Wahrheit entkam das Krokodil einem Wanderzirkus, woran es wirklich verstarb, ist nicht überliefert.
So einzigartig wie das Krokodil und die Freistädter Bierpralinen ist auch das MÜK. MÜK ist die Abkürzung für Mühlviertel Kreativ Haus. In der Samtgasse 4 ist immer etwas los. Über 100 kreative Menschen befüllen das Haus mit Keramik, Mode, Schmuck, Malerei und vielem mehr. Die Galerie im ersten Stock wird für Ausstellungen genutzt. Zusätzlich gibt es Workshops und Veranstaltungen.
Was mir in Freistadt übrigens besonders gut gefallen hat, sind die Eingangstüren und Portale. Hier zeige ich euch nur eine kleine Sammlung:
Wer also Bier, Genuss, Geschichte, Kunsthandwerk und Türen liebt, wird sich in Freistadt wohlfühlen.
Und wenn sich mein Bierpralinen-Vorrat dem Ende zuneigt, werdet ihr mich ebenfalls wieder in Freistadt finden.
Adressen und weitere nützliche Informationen
Freistädter Brauhaus
Brauhausstraße 2
A-4240 Freistadt
- Bier trifft Kulinarik
5-Gang Degustationsmenü inklusive Bierbegleitung. Das perfekte Geschenk für Genussmenschen. - Bier brauen live
Bier brauen in der Erlebnisbrauerei inkl. Bierverkostung, Führung durch die Brauerei und Biergulasch. Nach 6-7 Wochen wird das selbstgebraute Bier abgefüllt und kann abgeholt werden. - Bier Erlebnis
1,5 stündige Führung durch das Freistädter Brauhaus inkl. Bierdegustation
Nachtwächter Führung
Stadtführungen in Freistadt
Hotel Hubertus
Höllplatz 2
Homepage
MÜK – Mühlviertel Kreativ Haus
Samtgasse 4
Homepage
Schlossmuseum
Schlosshof 2
Homepage
Offenlegung: Ich wurde in die Region Mühlviertler Alm eingeladen.
2 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Hallo Gudrun,
das sind ja tolle Eindrücke. Und Freistadt hatten wir noch garnicht auf dem Schirm. Das merken wir uns 🙂 Und eine Nachtwächtertour ist ja immer toll, egal in welcher Stadt 🙂
Liebe Grüße
Florian
Ich mag diese Nachtwächterführungen auch sehr gerne. Der einzige Nachteil: Man muss am Tag die Strecke abgehen wegen der Fotos…