The Writers‘ Museum Edinburgh
Schuld war nur der Regen. War die Royal Mile in Edinburgh vor wenigen Minuten noch in Sonnenschein getaucht, prasselten jetzt dicke Regentropfen auf mich nieder. Ich flüchtete in eine schmale Seitengasse und stand unvermittelt vor dem Writers‘ Museum Edinburgh, wo die Erinnerung mich einholte.
Lady’s Stair House
Schon einmal war ich durch diese Tür geschritten, über deren Eingang die Worte „Feare the Lord & depart from evil“ prangen. Unter dem Schriftzug befinden sich sowohl eingemeißelte Initialen als auch die Jahreszahl 1622. Knapp 400 Jahre hat dieses Haus schon auf dem Buckel.
Die Initialen im Türrahmen deuten auf den Erbauer dieses Herrenhauses hin. Es war Sir William Gray, ein reicher Kaufmann, der den Auftrag dazu gab und mit seiner Frau Geida Smith in das Haus einzog. Gray landetet Jahre später im Gefängnis, da er angeblich mit den Royalisten unter einer Decke steckte. Er überlebte zwar seine Tochter, die an der Pest starb, doch 1648 verstarb auch William Gray. Die Witwe bewohnte das Gebäude, das fortan den Namen Lady Gray’s House trug.
Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als ihre Enkelin – eine verheiratete Lady Stair – das Haus kaufte. Der Name des Anwesens änderte sich zum letzten Mal und ist heute als Lady’s Stair House bekannt. Heute beherbergt es das Writer’s Museum und würdigt drei große schottische Schriftsteller, nämlich Robert Burns, Sir Walter Scott und Robert Louis Stevenson.
Writers‘ Museum Edinburgh
Ehrlicherweise muss man sagen, dass das Haus als Museum gänzlich ungeeignet ist. Schmale Wendeltreppen führen in die verwinkelten Stockwerke, die kleinen Zimmer sind vollgestopft mit Vitrinen, die wiederum vollgestopft sind.
Nichts desto trotz hat das Haus Charme. Sehr viel Charme. Und mit nur wenig Phantasie stelle ich mir vor, dass vielleicht einer der drei Schriftsteller in dem Haus gewohnt hat und neben dem prasselnden Kaminfeuer berühmte Werke verfasst hat.
Also sehen wir uns die drei Herrschaften etwas näher an.
Robert Burns
Habt ihr schon einmal den Namen Robert Burns vernommen? Mir wäre der schottische Nationaldichter gänzlich unbekannt, hätte er nicht den Liedtext zu „Auld Lang Syne“ geschrieben. Das Lied ist wohl das bekannteste englische Lied und wird traditionell zum Jahresausklang gesungen.
Sir Walter Scott
Auch zu Sir Walter Scott fällt mir auf Anhieb kein Buchtitel ein, obwohl er zu seiner Zeit zu den meistgelesenen Autoren weltweit galt. Scott begründete den Geschichtsroman. Man nehme das schottische Hochland, würze es mit tapferen und treuen Gefolgsleuten eines Clans und garniere die Umgebung mit Tradition und Folklore. Die Engländer waren so begeistert, dass sie ins raue Schottland reisten, der moderne Tourismus entstand.
Robert Louis Stevenson
Der einzige Schriftsteller, von dem ich behaupten kann, zumindest eines seiner Werke gelesen habe, ist Robert Luis Stevenson. Sein Roman „Die Schatzinsel“ zählte lange Zeit zu meinen Lieblingsbüchern. Später in der Schule wurden wir im Englischunterricht zur Lektüre von The Strange Case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde verdonnert.
Dass der Schriftsteller die letzten Jahre seines Leben in Samoa verbracht, erfahre ich allerdings erst im Writers‘ Museum.
Ein Rundgang durchs Museum
Ich erkunde die einzelnen Räume und betrachte die Gemälde an den Mauern und die Sachen in den Vitrinen. Es gibt viele Original-Handschriften, Briefe, Dokumente und persönliche Gegenstände wie Tabakpfeifen, Hausschuhe und Haarlocken. Büsten der Berühmtheiten dürfen natürlich auch nicht fehlen. Ebenfalls ausgestellt ist eine Druckerpresse, auf der die Waverly-Romane von Sir Walter Scott gedruckt wurden.
Nach etwa einer Stunde habe ich alles ausgiebig besichtigt und stöbere noch etwas im Museumsladen. Für literaturbegeisterte Menschen sind diese Museumsshops meistens sehr ergiebig. Kaum schiebt sich der erste Sonnenstrahl durch die Regendecke, verlasse ich das Museum. Und auch wenn es so klingt, als wäre das Writers‘ Museum Edinburgh ausschließlich als Regenprogramm konzipiert, es hat auch bei Schönwetter geöffnet.
Weitere Informationen:
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Samstag: 10-17 Uhr
Im August auch sonntags von 12 – 17 Uhr
Eintritt frei
Adresse: Lady Stair’s Close, Altstadt
Zur Homepage: >>hier klicken<<
10 Kommentare
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GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.
Was für ein schnuckeliges Museum. Schon witzig, dass Du eigentlich nur durch Zufall hineingeraten bist.
Viele Grüße
Annette
schnuckelig ist der richtige Ausdruck!
Vor dem Museum habe ich auch schon gestanden – aber da war das Wetter zu gut, um hineinzugehen. Danke, dass Du das für mich gemacht hast. Klingt spannend.
Vielleicht klappt es bei der nächsten Reise nach Edinburgh?
Hallo Gudrun,
Edinburgh steht schon viel zu lange auf meiner Bucket List. Und das Writers Museum könnte durchaus etwas für mich sein. Vorausgesetzt es ist nicht gerade zu voll dort drin.
Danke für den informativen Beitrag..
Liebe Grüße
Liane
Edinburgh ist fantastisch! Und in das Museum verirren sich nicht viele…
Hallo, als bekennender Museums Geek musste ich diesen Post einfach lesen. Das Museum hatte ich bei meinem Besuch gar nicht auf dem Schirm, aber es würde mir gefallen und ist daher sofort auf die Bucket List gewandert 🙂
VG Simone
Super!
Liebe Gudrun, danke für diese inspirierende Museumstour. Ich mag sie alle die Schriftsteller und finde es eine gute Idee sie in einem Museum zu vereinen. LG Christiane
Ich mag auch alle Schriftsteller!