Schloss Ploskovice – Zu Besuch beim Ex-Kaiser
Ich besuchte das Schloss Ploskovice im vergangenen Jahr, an einem sonnigen Herbsttag im Zuge einer Pressereise durch Nordböhmen. Schon beim Betreten des Schlossparks empfing unsere Gruppe eine fast verwunschene Atmosphäre. Pfauen stolzieren gemächlich über das gepflegte Anwesen, so als gehöre ihnen der Ort. Und irgendwie stimmte das auch, denn bis auf wenige Personen sind wir die einzigen Besucher in dem Anwesen.
Wir wurden von einer kompetenten Person empfangen, die uns durch die Räumlichkeiten führte und uns mit der Geschichte des Schlosses vertraut machte.

Ein Blick in die Geschichte
Die Ursprünge von Schloss Ploskovice reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, als sich an dieser Stelle eine Niederlassung des Johanniterordens befand, von dem aus die umliegenden Ländereien verwaltet wurden. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Anlage mehrfach umgebaut – zunächst zur Burg, später zum Renaissanceschloss. Während des Dreißigjährigen Krieges erlitt es große Schäden.
Seine heutige barocke Gestalt erhielt das Schloss zwischen 1720 und 1725 unter der Großherzogin Anna Maria Franziska von Sachsen-Lauenburg, die es als Sommerresidenz errichten ließ. Die Pläne für den Bau stammen vermutlich von Václav Špaček. Er gilt als persönlicher Baumeister der Großherzogin, und war auch an der Umgestaltung von Schloss Zákupy und an kirchlichen Bauten in Nordböhmen beteiligt. Stilistisch lassen sich zudem Einflüsse des bekannten Architekten Kilian Ignaz Dientzenhofer erkennen, der unter anderem die Kirche St. Nikolaus in Prag und das Kloster Břevnov mitgestaltete.
Wegen seiner eleganten Anlage, der symmetrischen Gartenarchitektur und der prachtvollen Innenräume wird Schloss Ploskovice bis heute auch liebevoll als das „kleine Versailles“ Böhmens bezeichnet.



Ein Schloss mit kaiserlicher Vergangenheit
Im 19. Jahrhundert wurde Ploskovice zur Sommerresidenz von Kaiser Ferdinand V., dem letzten gekrönten König von Böhmen. In Österreich ist er als Kaiser Ferdinand I. bekannt, was zur Verwirrung führen kann. Doch die Nummerierung der damaligen Herrscher variierte je nach Region und Titel: als österreichischer Kaiser war Ferdinand der erste seines Namens, als böhmischer König jedoch der fünfte. Nach seiner Abdankung im Jahr 1848 wählte er Schloss Ploskovice zu seinem Rückzugsort.
Um den Ansprüchen des Ex-Kaisers gerecht zu werden, wurde das Schloss unter der Leitung des Prager Baumeisters Jan Bělský und mit Unterstützung des Architekten Josef Pokorný umfassend renoviert und um ein Stockwerk erhöht.
Für die künstlerische Ausgestaltung der Innenräume wurde sogleich Josef Navrátil engagiert, einer der renommiertesten Maler und Dekorateure seiner Zeit. Besonders im Repräsentationssaal schuf er illusionistische Wandmalereien, die den Raum größer erscheinen lassen – sie zählen heute zu den bedeutendsten Werken des Schlosses.
Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Schloss in den Besitz des tschechoslowakischen Staates über. Es diente unter anderem dem Außenministerium der Tschechischen Republik. Später befanden sich Schulräume der nationalsozialistischen Nationalpolitischen Erziehungsanstalt in dem Gebäude. Seit den 1960er Jahren ist Schloss Ploskovice öffentlich zugänglich und wird als Museum und Veranstaltungsort genutzt.



Ein Rundgang durch die Schlossräume
Während unseres geführten Rundgangs durch das Schloss bekomme ich einen sehr lebendigen Eindruck davon, wie die kaiserliche Familie einst hier lebte. Unser Guide führt uns durch lichtdurchflutete Säle, elegante Salons und beeindruckende Galerien – jedes Zimmer ist ein kleines Kunstwerk für sich.
Gleich zu Beginn bin ich vom Entrée mit den hohen Fenstern, dem Parkettboden und den zart stuckierten Decken angetan. Die Räume wirken trotz ihrer Größe erstaunlich wohnlich und um einiges gemütlicher und intimer als im Schloss Schönbrunn.
Der Höhepunkt des Rundgangs ist natürlich der Repräsentationssaal: ein ovaler Prunkraum, dessen Wände mit den berühmten illusionistischen Malereien von Josef Navrátil verziert sind. Ich habe das Gefühl, in einer Fantasiewelt zu stehen.


Gut versteckt: Ein Aufzug für den Kaiser
In den oberen Stockwerken reihen sich mehrere kleinere Salons aneinander: ein Speisesalon mit Kronleuchter, ein Damensalon mit floral gemusterten Möbelstoffen, filigranen Schreibsekretären und zarten Intarsienarbeiten. Unser Guide hat zu jedem Raum eine kleine Anekdote parat, etwa zu den Möbelstücken, den Porzellanfiguren oder den gewebten Teppichen. Besonders interessant finde ich den Hinweis, dass es bereits im 19. Jahrhundert einen Aufzug im Schloss gab – eingebaut, weil Kaiser Ferdinand nicht gut zu Fuß war oder auf gut österreichisch „fußmarod“ war.
Auch andere Mitglieder der Habsburgerfamilie waren zu Gast in Ploskovice. Kaiser Franz Joseph und seine Gemahlin Elisabeth, besser bekannt als Sisi, besuchten das Schloss allerdings erst nach dem Ableben von Ferdinand.
Auch die Verbindungsgänge und Galerien sind kunstvoll gestaltet – mit Rundbogenfenstern, dekorativen Stuckelementen und kleinen Medaillons, die Porträts historischer Persönlichkeiten zeigten.


Ein verstecktes Highlight: Die Grotte
Ein besonderes und oft übersehenes Detail von Schloss Ploskovice liegt im Untergeschoss: die kunstvoll gestaltete Grotte. Diese ungewöhnliche Räumlichkeit wurde im Stil italienischer Grottenanlagen geschaffen. Sie beeindruckt mit einer Decken- und Wandverkleidung aus Naturmaterialien wie Muscheln, Steinen und Tuffstein. Die illusionistische Malerei schafft eine gewisse Unterwasser-Atmosphäre. Die Grotte war ursprünglich als Rückzugsort zur Erholung gedacht.


Zum Abschluss unseres Rundgangs legen wir eine kleine Pause im Café auf dem Schlossgelände ein. Dort gibt es nicht nur ausgezeichneten Kaffee und köstliche Mehlspeisen, sondern auch tierische Gesellschaft: Mit etwas Glück kommen die Pfauen aus dem Park herüber und betteln neugierig um ein Stück Kuchen.


Ein Ort voller Eleganz
Schloss Ploskovice ist kein Ort der Superlative. Es ist ein geschichtsträchtiger Ort der Eleganz und der Details. Wer sich darauf einlässt, wird mit einem der schönsten Barockschlösser Tschechiens belohnt – und vielleicht mit einem neugierigen Pfau auf dem Schlossweg.

Praktische Informationen für Besucher
Öffnungszeiten: Das Schloss ist in der Regel von Mai bis Oktober geöffnet. Die genauen Zeiten variieren je nach Monat. Ein Blick auf die offizielle Website lohnt sich. >> hier klicken <<
Führungen & Tickets: Besichtigungen sind nur im Rahmen geführter Rundgänge möglich. Diese werden in mehreren Sprachen angeboten, darunter spezielle Touren durch die Grotte. Tickets sind an der Schlosskasse erhältlich. In der Hauptsaison empfiehlt sich eine Voranmeldung.
Der Eintritt in den Schlosspark ist kostenlos.

Gut zu wissen
Anreise: Mit dem Zug zur 1,9 km entfernten Haltestelle, mit dem Bus direkt bis zum Schlossparkplatz oder mit dem Auto über die Hauptstraße I/15 von Litoměřice Richtung Útěstěk. Parkplätze sind vorhanden.
Barrierefreiheit: Zugang zur Eingangshalle, zur künstlichen Grotte und zum Schlosspark ist barrierefrei möglich.
Service vor Ort: Kaffeehaus im Schlossareal mit ausgezeichnetem Kaffee und Mehlspeisen – mit etwas Glück besuchen einen sogar die neugierigen Pfauen. Fahrradständer befinden sich bei der Kasse (Fahrradfahren im Park ist nicht erlaubt). Es sind keine freilaufenden Hunde oder andere Tiere gestattet.

Offenlegung: Die Reise ins Schloss Ploskovice erfolgte auf Einladung von der Tschechischen Zentrale für Tourismus. Im Zuge dieser Reise durfte ich auch die Hopfenstadt Žatec besuchen und in der Böhmischen Schweiz wandern.

GUDRUN KRINZINGER
Reiseblog von einer reiselustigen, strickbegeisterten, lesesüchtigen und fotografiewütigen Oberösterreicherin mit Hauptsitz Wien und Alte Donau.
Seit 2010 schreibe ich über meine Reisen auf dem Blog Reisebloggerin.at.